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Saisonstart in der Dritten LigaAuf dem Boden der Realität

Der VfL Osnabrück sieht eine wirtschaftlich schwierige Saison auf sich zukommen. Auch sportlich zeigten sich viele Probleme bei der 1:3-Auftaktniederlage gegen Cottbus

OSNABRÜCK taz | Mit neuen Trikots startete der VfL Osnabrück in die neue Saison. Das ist nichts Besonderes, das machen viele Profi-Klubs. Doch auf der lila-weißen Brust prangt kein Name eines Unternehmens, sondern eine Zeile aus einem Lied: „Wir sind die Osnabrücker“.

Die Zeile singen die Fans des Drittligisten immer dann, wenn Zusammenhalt auf den Rängen eingefordert wird. Die VfL Osnabrück GmbH & Co. KGaA versucht, hinter dieser Liedzeile mehrere Sponsoren aus der Region zu vereinen. Angesichts wirtschaftlicher Not geht der Verein keinen leichten Weg in die Zukunft. Auch sportlich wird dieser Weg nach der 1:3-Auftakt-Niederlage gegen Energie Cottbus mühsam sein.

Was wäre der VfL Osnabrück ohne seine Fans? „Pleite“, lautet die simple Antwort. Nur Dank eines Darlehens der Anhänger erhielt der Klub die Lizenz für die Saison, die am Samstag begonnen hat. 512.000 Euro kamen innerhalb weniger Tage im Mai mittels Crowdfunding zusammen. Drei Prozent, bei Aufstieg in die 2. Liga fünf, sollen die Darlehensgeber als Dividende für ihre Einlagen erhalten. Die Rückzahlung soll spätestens am 1. Dezember 2015 erfolgen.

Dass ein Profi-Klub seine Fans anpumpt, ist neu im Fußball-Geschäft. Ebenso neu ist die Art und Weise, in der sich der VfL vermarktet: Die Unternehmen, Fans, Sponsoren oder Gönner, die 50.000 Euro in den Sponsoren-Pool eingezahlt haben, sollen im Stadion und im Internet Werbemöglichkeiten erhalten. Zudem können sie mittels Co-Branding das Logo des VfL in der eigenen Unternehmenskommunikation nutzen.

VfL-Sprecher Sebastian Rüther sagt, es gelte nun Geldgeber von der ungewöhnlichen Art der Trikot-Werbung zu überzeugen. Die Fans des VfL goutierten, dass die neuen Leibchen mit „ihrem“ Lied bedruckt waren. Viele von ihnen kamen mit einem neuen Trikot ins Stadion. Die Idee erwies sich zumindest beim Merchandising als cleverer Schachzug.

Eine Steilvorlage lieferte der Deutsche Fussballbund dem VfL, indem er das Auftaktspiel gegen Energie Cottbus dazu auserkor, am Samstag live im Fernsehen gezeigt zu werden. Eine bessere Plattform für Werbung gibt es kaum. So konnten die Fernsehzuschauer sehen, wie Energie Cottbus den VfL mit 3:1 bezwang. Die Lausitzer waren den Osnabrückern körperlich wie technisch überlegen.

Dem Publikum wurde purer Drittliga-Fußball geboten: Nach der Weltmeisterschaft in Brasilien landeten viele Zuschauer unsanft auf dem Boden der Realität. Ein Zuschauer verglich das Spiel mit der recht langweiligen WM-Partie Iran gegen Nigeria. Die Wahrheit ist wohl noch bitterer. Der VfL offenbarte technische Mängel, spielte viele Fehlpässe, stand unsicher bis teilnahmslos in der Abwehr. Ein Tiefpunkt war, als ein VfL-Spieler einen Einwurf direkt ins Aus warf.

Etwa ab der 50. Minute, kurz nach dem 0:2, entdeckten die Männer in den lila-weißen Trikots ihre Kämpferherzen. Die Nicklichkeiten auf dem Platz häuften sich. Die Emotionen auf dem Spielfeld und den Tribünen kochten immer weiter hoch: Jede Aktion auf dem Rasen fand ein direktes Echo auf den Rängen. Dass der Schiedsrichter in einigen Situationen gegen den VfL pfiff, verstärkte die Empörung im Stadion. Während die Cottbuser das Gaucho-Lied der Nationalelf imitierten und wie Sieger gingen, wuchs der Frust bei den Osnabrückern.

Nach dem Spiel brachte VfL-Publikumsliebling Addy Menga die Stimmung auf den Punkt: „Heute ist ein Scheiß-Tag.“ Sein Trainer Maik Walpurgis drückte sich gewählter aus: „Unser Finalspiel hat nicht funktioniert“, sagte er. Auf den VfL-Trainer wartet eine Menge Arbeit. Er muss Schwächen in quasi allen Mannschaftsteilen beseitigen. Energie-Trainer Stefan Krämer frohlockte dagegen: „Mit unseren vielen neuen Spielern haben wir im 4-3-3-System eine gute Ordnung auf den Platz gebracht. Unter dem Strich war es ein verdienter Sieg.“

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