La rivoluzione siamo noi

Vor zwanzig Jahren, am 23. Januar 1986, starb Joseph Beuys

Heute ist fast jeder Mensch ein Künstler, und das Kunstwerk ein Feldhase, der auf den großen Treibjagden, also den großen Messen und Auktionen, zur Strecke gebracht wird. Danach ist der quicklebendige Feldhase ein Goldhase – und tot. Auch die Kunst hat nun ihren Preis und beunruhigt nicht mehr. Nein, diese menschheitserlösende Transsubstantationslehre stammt nicht von Joseph Beuys. Obwohl es ihm, wie keinem anderen, ein Anliegen war, in seinem Werk über die befreiende, künstlerisch-alchimistische Verwandlung der Stoffe – in der der Hase als Symbol der Wandlung eine prominente Rolle spielt – Auskunft zu geben.

Heute ist seine Auskunft offenkundig nicht mehr besonders aktuell. Zu seinem zwanzigsten Todestag hat es gerade zu einer Hand voll kleiner, in sich freilich verdienstvoller Kabinettsausstellungen in den deutschen Museen gereicht. Es fällt tatsächlich schwer, sich noch daran zu erinnern, wie dieser Künstler in der alten Bundesrepublik als ein ständiger Skandal galt. Sagt inzwischen nicht jeder Shooting Star wie Jonathan Meese ganz unbenommen vergleichbare Sätze wie: „Ja, das ist das Rechtsdokument Geld und davor liegend die einleitende Wirkung, das heißt die stimulierende Wirkung aus dem Nichts heraus, der kreative Akt im Geist des Lebens“? Als Joseph Beuys dies 1985 zu Michael Ende sagte, bei einer Diskussion in der Freien Volkshochschule Argental-Wangen, im Allgäu, war der einigermaßen verblüfft. Doch dann sagte Beuys auch einige Sätze, die im Moment besonders zu denken geben: „Nein, ich will nicht vordenken. Ich will nur das tun, wozu heute jeder Mensch verpflichtet ist: Auskunft zu geben über das, was er tut. Ich will nur wahr machen, dass die moderne Gesellschaft eine öffentliche ist.“ Solche Aussagen machen Lust, Joseph Beuys, den Künstler, der sich die Gesellschaft als soziale Plastik dachte, wiederzuentdecken. Den Mann mit dem Hut, der sein hier abgebildetes Foto zum Plakat „La rivoluzione siamo noi“ umgestaltete. BRIGITTE WERNEBURG

Heute: „Lange Beuys-Nacht“, Akademie der Künste, Berlin; „Zum 20. Todestag“, Jubiläumsprogramm, Schloss Moyland, Kleve. Ausstellungen: „Lebenslauf = Werklauf“, Hamburger Bahnhof, Berlin, bis 23. April; „Heilkräfte der Kunst“, museum kunstpalast, Düsseldorf, bis 19. März; „Suite Schwurhand“, Pinakothek der Moderne, München, bis 23. April; „Zeichen aus dem Braunraum“, Kunstmuseum, Bonn, bis 12. Februar; am 12. Februar Eröffnung des Beuys-Dokumentationsraums, Palais Spree, Düsseldorf