Atomstreit weiter verschärft

Iran stellt freiwillige Zusammenarbeit mit Internationaler Atombehörde ein. Tony Blair schließt Militäreinsatz nicht aus. Russland und China drängen auf diplomatische Lösung

LONDON/TEHERAN dpa/afp ■ Iran hat aus Protest gegen die Einschaltung des Weltsicherheitsrats in den Atomstreit die freiwillige Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEO eingestellt. Das geht aus einem Schreiben vom 5. Februar hervor, wie diplomatische Kreise im Umfeld der IAEO gestern in Wien bestätigten. Dadurch werden unangemeldete Kontrollen durch die IAEO unmöglich. Das iranische Parlament hatte im November ein Gesetz verabschiedet, das die Aussetzung der freiwilligen Zusammenarbeit mit der IAEO gemäß dem Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag im Fall einer Einschaltung des Sicherheitsrats vorsieht.

UN-Generalsekretär Kofi Annan ermahnte Iran, die Verhandlungen wieder in Gang zu bringen. Es bleibe noch etwa ein Monat Zeit, ehe sich der Sicherheitsrat mit Iran befassen werde, sagte er am Montag in Dubai. Das Weltgremium könnte Sanktionen verhängen. Bislang hat die IAEO nur beschlossen, den Rat zu unterrichten. Das Gremium soll erst aktiv werden, wenn Teheran die Forderungen der IAEO bis zum 6. März nicht erfüllt. Dazu gehört die Wiederaussetzung aller Urananreicherungsaktivitäten. Iran hat dies abgelehnt.

Der britische Premierminister Tony Blair verschärfte unterdessen den Ton. Bei einer Anhörung im Parlament schloss Blair gestern in London auch einen militärischen Einsatz nicht aus. „Man kann in solchen Situationen nie nie sagen.“ Großbritannien habe aber weiterhin die Absicht, den Streit mit diplomatischen Mitteln zu lösen. Die Entscheidung, den UN-Sicherheitsrat einzuschalten, sei nur „ein erster Schritt“. Iran begehe „einen sehr, sehr schweren Fehler“, wenn es glaube, dass sich die Weltgemeinschaft mit einer Wiederaufnahme des Atomprogramms abfinden werde. Dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad warf Blair eine „extrem aufwieglerische Rhetorik“ vor.

Russland zeigte sich enttäuscht über Irans Abkehr von der IAEO. „Ein Teil der iranischen Führung schürt absichtlich die Spannungen“, zitierte die Nachrichtenagentur Interfax einen namentlich nicht genannten russischen Teilnehmer an den Verhandlungen mit Iran. Die Führung in Moskau erneuerte das Angebot an Teheran, bei den Verhandlungen über eine gemeinsame Urananreicherung am 16. Februar in Moskau eine für Iran annehmbare Lösung zu finden. Man wolle den „iranischen Freunden helfen und jegliche Besorgnis über das iranische Atomprogramm zerstreuen“, betonte der stellvertretende Außenminister Sergej Kisljak.

Auch China hofft weiterhin auf einen diplomatischen Weg aus der Krise. Das sagte der chinesische Außenminister Li Zhaoxing nach einem Gespräch mit dem französischen Präsidenten Jacques Chirac in Paris.

Der geistliche Führer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, hat die Iraner zu einer Kundgebung für das umstrittene Atomprogramm am Samstag aufgerufen. Am Jahrestag der Islamischen Revolution müssten die Iraner „der Welt zeigen, was sie wollen“, sagte Chamenei gestern in einer vom Fernsehen übertragenen Rede vor Offizieren der Luftwaffe.