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Archiv-Artikel

Berlin geht baden

HEISSE ZEIT Die Aussichten sind bestens für eine richtig heiße Zeit in der Stadt. Und wer Abkühlung sucht, soll die auch finden: ganz klassisch im Wasser, selbst wenn der ADAC einem das vermiesen will. Und tropische Stimmungen gibt es rundherum auch

Für alle Hitzefans gibt es nur gute Nachrichten: Die nächsten Tage bleiben heiß. Auch wenn uns gestern frische Luft aus dem Norden nur schlappe 28 Grad gebracht hat, geht es heute schon wieder aufwärts. Bis zu 29 Grad. Freitags gönnt uns die Hitze eine kleine Pause mit frischen 27 Grad. Zum Wochenende aber wird es wieder richtig warm, am Samstag klettern die Temperaturen auf 29 Grad. Und der Sonntag verspricht mit 34 Grad der heißeste Tag bis dato zu werden. Immerhin: Es fehlen noch 4,6 Grad, bis zur Rekordmarke vor sechs Jahren am heißesten Tag in Berlin seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Am 16. Juli 2007 wurden 38,6 Grad gemessen. Wenn bisher kühlere Nächte für Erholung sorgten, werden auch diese immer wärmer. Die nächtlichen Temperaturen steigen am Wochenende auf Mindestwerte von 19 Grad. Und die Badefans können sich auf jeden Fall auf ein paar schöne Tage am See freuen.

Am besten mit dem Fahrrad, raus an den See

Gerade den Badespaß aber will der ADAC uns vermiesen: Laut Messungen des Vereins ist der Müggelsee „bedenklich“ hoch mit Keimen belastet, war am Dienstagmorgen in den Radionachrichten zu hören. Man solle hier am besten nicht mit den Kindern hin, rät der ADAC, denn die seien „größeren hygienischen Belastungen ausgesetzt, weil sie gerne lange in flacherem, wärmerem Wasser spielen und dabei auch Wasser schlucken“. Als Erstes fragt man sich: Huch? Seit wann interessieren sich die Autolobbyisten für die Sicherheit von Kindern? Und was fordern die dann wohl als Nächstes? Generelles Tempolimit von 30 Stundenkilometern in geschlossenen Ortschaften, damit nicht mehr so viele Kinder bei Verkehrsunfällen sterben? Als Zweites fragt man sich: von wann die Messung wohl stammt? Man muss nämlich wissen, dass die Zahl der Keime stark schwankt. Wenn es nach längerer Trockenheit stark regnet, werden viele Fäkalien vom Ufer und den angrenzenden Wäldern ins Wasser gespült. Die Keimbelastung ist hoch. Nach ein paar Tagen haben die Pflanzen ihre Arbeit verrichtet und das Wasser ist gereinigt. Die ADAC-Homepage informiert darüber, dass der Verein das Wasser im Müggelsee viermal gemessen hat: Am 2. Juli 2012, am 26. Juli 2012, am 23. August 2012 und am 16. Mai 2013. Für Historiker sind solche alten Daten vielleicht interessant, über die aktuelle Qualität des Gewässers sagen sie gar nichts aus. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales misst übrigens in der Badesaison alle zwei Wochen die Bakterien an allen Badestellen in Berlin. Laut der neuesten Messung ist Baden am Müggelsee völlig ungefährlich. Dem ungetrübten Badespaß steht nichts im Wege. Und wer es dem ADAC so richtig zeigen will, nimmt für die Fahrt dorthin natürlich das Fahrrad.

Beste Zeit für seltsamen Sport: Unterwasserrugby

Es zieht einen in diesen Tagen fast automatisch Richtung Wasser. Wo sich nur die kleinste Pfütze ansammelt, möchte man hineinspringen. Mit von der Hitze matschigem Hirn erwägt man gar, in den muffigen Landwehrkanal zu springen. Das bedeutet auch: Wenn man Sport treiben will, dann sollte man das derzeit besser unter Wasser tun. Was böte sich da eher an als: Unterwasserrugby! Unterwasserrugby ist eigentlich eher eine Art Korbball unter Wasser. Das Treiben im Nass sah aber bisweilen derart wild aus, dass man die in den 60ern entstandene Sportart mit Rugby assoziierte. Das Spielgerät gleicht übrigens eher einem Handball und ist mit Salzwasser gefüllt, damit die Pille auch unter Wasser bleibt. Zwei Teams von sechs Flossenträgern kämpfen dabei, mit Schnorchel und Wasserballkappen bewaffnet, darum, den Ball in den gegnerischen Korb zu bugsieren. Die Spieler und Spielerinnen (meistens sind es Mixed-Teams) tauchen ständig auf und ab, holen immer wieder Luft. Man stößt den Ball in Richtung des Mitspielers, man wirft ihn nicht. Bis man ihn im Korb unterbringen kann. Und das ist auch nicht so gefährlich, wie es sich anhört: „Wenn es vernünftig und richtig gespielt wird, ist es nicht brutal“, sagt Ingolf Feilhaber von den Sporttauchern Berlin in Charlottenburg, die Unterwasserrugby anbieten. Zwei Teams des Klubs spielen in der Zweiten Bundesliga. Der Mariendorfer Unterwasserrugby-Verein BUR ist gar erster der Bundesliga Nord.

Wo große Hitze ist, ist auch die Gefahr

Achtung, Achtung: „Das anhaltend trockene und warme Wetter führt zu einem immer höheren Waldbrandrisiko in Berlin“, warnt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. Deshalb sind Rauchen, Grillen und Lagerfeuer im Wald und am Waldrand verboten, das Landeswaldgesetz sieht Bußgelder von bis zu 50.000 Euro vor. Auch in Brandenburg gilt höchste Waldbrandgefahr. Allein in der vergangenen Woche gab es 23 Waldbrände, der größte davon bei Teupitz im Landkreis Dahme-Spreewald, 50 Kilometer südlich von Berlin. Seit Samstag hatten Feuerwehrleute gegen die Flammen gekämpft. Der Einsatz war kompliziert, weil im Boden noch Munition liegt und es zu Detonationen kam. Teilweise war die Munition mit Phosphorköpfen versehen. „Das bekommt man nicht mit Wasser gelöscht“, erklärte ein Brandmeister. Auch ein Löschhubschrauber der Bundespolizei und ein Löschpanzer hatten die Flammen zunächst nicht stoppen können. Erst am Dienstag war der Brand gelöscht.

Die Zutaten für das tropische Gefühl

Gluthitze, laue Nächte – die Temperaturen sind zumindest subtropisch. Wer nach dem echten Tropenfeeling sucht mit authentischer Luftfeuchtigkeit, Palmen und anderen exotischen Gewächsen, sollte das Große Tropenhaus im Botanischen Garten aufsuchen. Unter einer prächtigen Stahl-Glas-Kuppel repräsentieren über 1.350 Pflanzenarten die Vegetation der Tropen: Über 200 Jahre alte Palmfarne, südostasiatischer Riesenbambus, der Schraubenbaum aus Madagaskar, dazu Grotten und ein Wasserfall. Die passenden tropischen Sounds gibt’s beim Wassermusik-Festival im Haus der Kulturen der Welt. Dieses Jahr huldigt man dort noch bis Mitte August dem Pazifik – und will beweisen, dass es am „Stillen Ozean“ auch laut zugehen kann. Am Samstag zum Beispiel interpretieren die Kilaueas Südseeklänge und The Paradise Bangkok Molam International Band spielt Thai-Pop. Wer das Thema „Tropen“ von vorn bis hinten durcharbeiten will, und zwar mit der ganzen Familie, der ist am besten im Tropical Islands bei Brand aufgehoben. Der Themen-Badepark ist laut Eigenwerbung „Europas größte tropische Urlaubswelt“. Mit Südseestrand, Bali-Lagune, Regenwald-Camp und allem Pipapo.

Erste Kühlung: On the rocks

Wer bei „On the rocks“ das verheißungsvolle Klirren von Eiswürfeln im geeisten Glas hört, für den hat Michael Prescher gute Nachrichten. Der Berliner aus der Catwalk Bar am Potsdamer Platz, der unlängst die Deutsche Cocktail Meisterschaft in Stuttgart gewonnen hat, zelebriert die kühlen Weiten des schottischen Hochlands mit seinem „Good Morning Glasgow“. Dass der Whisky eigentlich aus den Lowlands stammt und Prescher eigentlich Sachse ist – geschenkt. Ein bisschen Fantasie braucht man eben in Berlin: Hier das Rezept für zu Hause: 4 cl Auchentoshan Three Wood, 1 cl St. Germain Holunderblütenlikör, 1 BL Monin Lavendel Sirup, 8 ds Peychaudsbitter Bitter, 2 ds Angostura Bitters, 3 Spritzer W&H Sherry, und als Deko nimmt man etwas Orangenzeste.

Ein Besuch beim Kältepol Berlins

Vielleicht kennen Sie aus früheren Wettervorhersagen in der ARD noch den Funtensee. Der kleine Karstsee in den bayerischen Alpen gilt als der „Kältepol Deutschlands“. Ganz so eisig (nämlich minus 45 Grad) wird es am Funtensee von Berlin natürlich nicht. Trotzdem sollte man im Winter das Tiefgeschoss des Hauptbahnhofs nicht ohne ordentlichen Kunstpelz und Taschenofen aufsuchen. Jeder warme Hauch steigt in den riesigen Raum empor, und auf den fünfzehn Meter unter Straßenniveau gelegenen Bahnsteigen herrscht grimmige Kälte. Was deshalb eigentlich als architektonische Fehlplanung gelten müsste, bietet dieser Tage willkommene Erfrischung. Betteln, Musizieren und Fröhlichsein ist hier unten zwar laut Hausordnung verboten, aber gegen ein Fläschchen Brause und ein gutes Buch kann eigentlich nichts einzuwenden sein.

Eine erfrischende Zahl für die Zukunft

Und nur noch einmal eine Zahl zur Abkühlung: minus 26 Grad. So kalt war es am 11. Februar 1929. Der kälteste Tag in Berlin seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. API, CLP, HEI, HEL, JUT