Waldbewirtschaftung mit der Giftspritze

HOLZ Bei Müncheberg im Osten Brandenburgs haben Biobauern Protest gegen einen Forstbesitzer mobilisiert. Der will mit massivem Herbizideinsatz Platz für eine lukrative Neuanpflanzung schaffen

Am Samstag fand in Müncheberg, auf halber Strecke zwischen Berlin und Küstrin, erstmals eine Demonstration statt. Dort befindet sich das Leibniz-Zentrum für Agarlandschaftsforschung. Die etwa 150 Demonstranten protestierten gegen einen westdeutschen Unternehmer, der ein hochgiftiges Herbizid in seinem Wald einsetzen will. Die da auf die Straße gingen, waren Landwirtschaftslehrlinge, Leute aus Bürgerinitiativen gegen den Bau großer Schweinemastanlagen, Studenten der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde und Biobauern aus der Umgebung. Zusammengetrommelt hatte sie der Verein „Organischer Landbau in Bienenwerder“ (OLiB), ein Hofkollektiv bei Müncheberg in unmittelbarer Nachbarschaft des betroffenen Waldes.

Die Vorgeschichte: Nachdem die Treuhandanstalt (THA) die DDR-Industrie privatisiert bzw. „abgewickelt“ hatte, blieben Immobilien, vor allem aber Grund und Boden zurück. Den privatisiert die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG). Wenn es sich um Wälder handelt, die vor 1945 den preußisch-nationalsozialistischen Junkern gehörten, greift für die „Alteigentümer“ oder ihre Erben das wie für sie geschaffene „Gesetz über die Entschädigung nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen und über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage“ – kurz EALG.

Das war bei dem Wald im Bienenwerder Luch der Fall, wo der Unternehmer Jobst Kühn von Burgsdorff 70 Hektar Kiefernforst nach EALG erwarb. Zuvor hatte den die BVVG als Verwalterin bereits entwertet, das heißt 40 Prozent des Holzes rausgeholt – ohne wieder aufzuforsten. Der neue Besitzer holte noch mal 20 Prozent raus, ließ also auf ein Maximum „auslichten“. Das seit neun Jahren Obstbau, Ziegenwirtschaft und Bienenzucht betreibende Hofkollektiv OLiB (13 Erwachsene plus Kinder) schreibt dazu auf seiner Internetseite: „Ein Baum mehr und es wäre illegaler Kahlschlag. Wochenlang waren riesige Harvestermaschinen im Einsatz.“

Gleichzeitig ließ der neue Besitzer den Unterwald wegmulchen. Dabei handelte es sich um die zu DDR-Zeiten aus Kanada eingeführte Traubenkirsche – ein schnell wachsendes Rosengewächs –, die man aus Brandschutzgründen gepflanzt hatte.

Lieblingswort „Wertschöpfung“

Jobst Kühn von Burgsdorff ist Miteigentümer der westdeutschen Firma Biocen GmbH, die Rohholz ankauft: „Insbesondere Waldholz, Holz aus Kurzumtriebsplantagen oder Landschaftspflegeholz – zur Vermarktung und Verwertung als Energieholz in Anlagen zur Erzeugung von thermischer und/oder elektrischer Energie.“ Das Lieblingswort des adligen Holzverwerters in seinen Reden – etwa auf Tagungen von Waldbesitzerverbänden – ist „Wertschöpfung“. Im Falle des Forstes im Bienenwerder Luch entschied er sich für eine subventionierte „Waldumwidmung“: Es soll dort ein – natürlich eingezäunter – Wintereichenhain entstehen. Und weil es dafür eine staatliche Förderung gibt, wurden aus zunächst 4 geplanten Hektar erst 20, und nun reden die Waldarbeiter bereits von 40 Hektar.

Damit die Eichen gepflanzt werden können, müssen erst die triebfähigen Wurzelreste der zermulchten Traubenkirschen manuell entfernt werden. Stattdessen will Kühn von Burgsdorff sie mit dem glyphosathaltigen Universal-Pflanzenkiller „Round-Up“ von Monsanto ausrotten – quasi direkt vor der Haustür des Hofkollektivs.

„Eigentlich soll man integrierten Pflanzenschutz betreiben, bevor man zur Giftkeule greift“, meint Oliver König vom OLiB. Das sei dem adligen Wertschöpfer aber zu teuer, vermuten die OLiB-Leute, die aus diesem Grund zu der Protestdemonstration in Müncheberg aufgerufen hatten. Es soll aber erst ein Anfang gewesen sein. HELMUT HÖGE