Ein Verschwundener meldet sich

FILM UND EXIL Der iranische Filmemacher Daryush Shokof berichtete in Berlin über seine Entführung

Die Entführer hätten verhindern wollen, dass sein Film ins Kino komme

Gestern lud das Schutzkomitee Daryush Shokof zu einer Pressekonferenz in das Berliner Kino Arsenal ein. Daryush Shokof, Maler und Filmemacher aus dem Iran, der seit langem in Berlin lebt, wurde seit dem 25. Mai von seinen Freunden vermisst, unter ihnen der Schrifsteller Javad Asadian, sein Mitbewohner. Weil sich Shokof, der nach Köln gereist war, weder telefonisch noch per Mail zurückmeldete, fürchteten Asadian und weitere Freunde die Entführung des Filmemachers. Sie gründete das Schutzkomitee, zusammen mit einem Berliner Büro für Menschenrechte und Jonathan Weckerles von der Inititiative „Stop the Bomb. Keine Geschäfte mit dem iranischen Regime“ und alarmierten die Öffentlichkeit über Shokofs Verschwinden. Damit haben sie, vermutete Asadian, dazu beigetragen, dass seine Entführer Shokof wieder laufen ließen. 12 Tage nach seinem Verschwinden tauchte er wieder auf, am Ufer des Rheins von seinen Entführern ausgesetzt, wie Shokof gestern erzählte.

Für Shokof, der von polizeilichen Personenschützern begleitet wurde, ist klar, dass die Entführung seiner Arbeit als Filmemacher galt. Am 12. Juni war im Kino Babylon in Berlin Kreuzberg sein Spielfilm „Iran Zendan“ einmalig aufgeführt worden, der Folterszenen aus einem iranischen Gefängnis zeigt. Einen kurzen Ausschnitt führte er auch auf der Pressekonferenz vor. Die Bilder von blutig geschlagenen Männern und Frauen, die in einem engen Keller angebrüllt, angepisst und mit Vergewaltigungen bedroht werden, sind schon nach wenigen Minuten schwer auszuhalten. So stellt man sich Film als Notwehr vor, ein unbedingtes Zeigenwollen, wo jeder wegsehen will. Seine Entführer, vier arabisch sprechende Männer, hätten ihm unmissverständlich gesagt, dass seine Filme den Islam, die islamische Regierung und Khomeini beleidigten. Seine Entführer hätten ihn nur deshalb leben lassen, gab Shokof an, weil er als einziger verhindern könnte, dass „Iran Zendan“ ins Kino kommt.

Für das Schutzkomitee ist es eindeutig, dass der iranische Geheimdienst hinter der Entführung steckt. Ihr Thema für die Pressekonferenz war neben Shokofs persönlichem Bericht auch eine Anklage der Bundesregierung, die aus politischen und wirtschaftlichen Interessen an einer Zusammenarbeit mit dem Iran, die Aktionen des iranischen Geheimdienstes in Deutschland nicht ernsthaft verfolge. Dass bisher noch keine polizeilichen Beweise für die Entführung erbracht werden konnten, führen sie eben darauf zurück und weisen Zweifel zurück. Man muß die polizeilichen Ermittlungen abwarten, bevor man über die Wahrheit der Geschichte urteilen kann.

Angesichts der Härte, mit der das Regime von Ahmadinedschad Oppositionelle und Intellektuelle im Iran verfolgt, ist es nicht verwunderlich, das unter den Kritikern des Landes, die im Exil leben, Verschwörungstheorien einen guten Boden finden. 1996 wurde Shokofs erster langer Film, „Seven Servants“, für den Goldenen Leoparden nominiert, und auf weiteren Festivals gezeigt. Viele der 15 Filme aber, die er, wie er betont ohne einen Cent deutsche Filmförderung gedreht hat, konnte er weder verkaufen noch auf Festivals zeigen. Daran sehe man, mutmaßt er und klingt dabei bitter, dass auch die Leiter der Filmfestivals in Berlin, Venedig oder den USA vom Iran aus manipuliert werden. Für seinen Film „Iran Zendan“ wartet er nun nicht mehr auf eine Einladung: Der läuft ab jetzt auf der Website des Schutzkomitees für Daryush Shokof.

KATRIN BETTINA MÜLLER