Harmloses Vergnügen

HISTORIENFILM Richard Linklaters „Me and Orson Welles“ beobachtet den Manipulator statt das Genie

Das „Me“ des Titels: das ist Richard (Zac Efron), ein junger Mann von nicht einmal achtzehn Jahren. Mit Chuzpe und Glück landet er eine kleine Rolle in Orson Welles Mercury-Theater-Inszenierung „Julius Caesar“, die als riskanter Bühnentriumph zum eigentlichen Ausgangspunkt der Weltkarriere von Welles wurde. Tagsüber geht Richard zur Schule, abends sitzt er als Lucius neben Welles, der Brutus spielt, auf der Bühne, und singt zur Ukulele ein trauriges Lied. Es ist das Jahr 1937, das Ganze spielt am Broadway, und einerseits fungiert dieser Richard nur als Assistenzfigur in einem Ensemble, das voll und ganz auf das Superego des jungen Genies Welles, seine Machinationen, Frauengeschichten und Eigenmächtigkeiten ausgerichtet ist. Zum größten Teil schildert „Me and Orson Welles“ die Backstageintrigen und Probenarbeiten zur „Julius Caesar“-Inszenierung. Vom Lampenfieber bis zu Standing Ovations fehlt nichts, was das Theaterfilmgenre ausmacht. Elegant wird der Schauplatz gelegentlich in Richtung Erotik, Radio, literarische Welt und sogar Hollywood erweitert.

Andererseits steht das „Me“ nicht zu Unrecht im Titel voran. Wovon Richard Linklaters Film nach einem Roman von Robert Kaplow nämlich eigentlich erzählt, ist der Schein unendlicher Möglichkeit, den die Zukunft für den hat, der jung ist. Und das gilt für Richards Geschichte so sehr wie für die von Orson Welles, der auch gerade erst einundzwanzig ist im Jahr 1937. Es ist dazu die Geschichte der aspirierenden Jungschriftstellerin Gretta, die am Anfang und am Ende des Films ihren Auftritt bekommt. Welles freilich ist und bleibt der, dessen Zukunft die Geschichte überliefert hat. Der bislang wenig bekannte Christian McKay spielt die überlebensgroße Figur mit oft stupender technischer Perfektion. Es bleibt dennoch ein Problem, dass man da stets einen Mittdreißiger vor sich sieht und nicht das frühreife Riesenbaby Welles, das nicht zuletzt wegen der Diskrepanz zwischen Alter und Anspruch eine immer auch monströse Figur war.

Geht über Leichen

Allerdings geht es um Geniekult eher nicht. Welles wird vorgeführt als möglicherweise brillanter, sicher aber narzisstischer Manipulator, in dessen unmögliches Verhalten die große Zukunft als Kredit, den alle irgendwie akzeptieren, schon eingepreist ist. Eines verträgt er dabei partout nicht: Widerspruch. Im Kampf um die schöne Produktionsassistentin Sonja (Claire Danes) zieht Richard, versteht sich, den Kürzeren.

Das ist die Kehrseite der Blütenträume: Der eine oder andere geht, damit sie reifen, schon mal über Leichen. Auch daraus macht der Film aber kein ganz großes Drama. Regisseur Richard Linklater ist wie immer ein bisschen zu nett. Die vergangene Zeit bleibt überglänzt von freundlicher Nostalgie. „Me and Orson Welles“ ist überhaupt die Sorte Historienfilm, die sozusagen nicht in der Vergangenheit spielt, sondern in einer als solche sofort identifizierbaren Historienfilmwelt. All das zusammen führt dazu, dass das Vergnügen, das der Film durchweg bereitet, eines von der harmlosen Sorte bleibt.

■ „Me and Orson Welles“. Regie: Richard Linklater. Mit Christian McKay, Richard Samuels, Claire Danes u. v. a. USA 2008, 114 Min.