: Jenseits von Zeit und Raum
FRÜHSTÜCKSCAFÉS Ob beim Frisieren oder zwischen Blumen: In Berlin kann überall gefrühstückt werden. Auch die Tageszeit spielt keine Rolle. Und die Auswahl ist sowieso unüberschaubar
■ Schwarzes Café: Kantstr. 148, 10623 Berlin; Tel. (030) 313 80 38; 24 Std. geöffnet, außer Di.
■ Pêle Mêle: Innstraße 26, 12043 Berlin; Tel. (030) 36 46 75 23. Mo–Fr 10–19 Uhr. Sa–So 10–20 Uhr.
■ Katoffel Nobbi: Gotzkowskystr. 34, 10555 Berlin; Tel. (030) 91 68 99 95.
■ BöseBubenBar: Marienstr. 18, 10117; Tel. (030) 27 59 69 09; 10 Uhr bis wer weiß wann.
■ La Femme: Kottbusser Damm 77, 10967; Tel. (030) 53 60 40 57. Mo–Fr 6–21 Uhr, Sa–So 7–21 Uhr.
■ Märchenfrühstück: im Museum Dahlem; Reservierung unter Tel. (030) 68 08 93 44 oder info@esskultur.de
■ Salon Sucré: Görlitzer Str. 32 A, 10997; Tel. (030) 612 27 13. Pâtisserie Do–So 10–18 Uhr.
■ Croissanterie: Pannierstr. 56, 12047; Tel. (030) 624 60 79. Mo–Fr 7–18.30 Uhr. Sa 8–14 Uhr. So 9–15 Uhr.
■ Anna Blume: Kollwitzstr. 83, 10405; Tel. (030) 44 04 86 41. täglich 8–2 Uhr.
■ Wiener Brot: Tucholskystr. 31, 10117; Tel. (030) 32 51 65 26. Mo-Fr 7–19 Uhr. Sa. 8–16 Uhr.
■ Stullenmacherin: Prenzlauer Allee 218, 10405; Tel. (030) 23 13 44 96. Mo–Fr 8.30–15 Uhr. (hs)
VON HANNAH SCHÜNEMANN
Vegan, türkisch, teuer oder preiswert, bei Nacht oder während des Friseurtermins – Berlins Frühstückslokale sind vielfältig. Wo man wie ein Kaiser speist, zeigt der Blick in ein paar ganz besondere Ecken der Hauptstadt. Dabei ist das Frühstück von der Bedeutung des Wortes her alles andere als kaiserlich. Ursprünglich bezeichnet es das früh am Tag verzehrte Stück Brot. Trotz „arm, aber sexy“ hat sich der Begriff auch an der Spree ausgeweitet. Frühstück muss heute weder auf sehr frühe Tageszeiten noch auf einen harten Brotkanten beschränkt sein.
Im Schwarzen Café etwa bekommt man zu jeder gewünschten Uhrzeit ein Frühstück – 24 Stunden. Ein romantisches Mitternachtsfrühstück mit Lachs? Auf zur Kantstraße!
Nur tagsüber und ausschließlich vegan speist man im Pêle Mêle in Neukölln. Dort servieren Maren und Rosa Montag bis Freitag Frühstück à la carte und sowie sonntags einen Brunch mit hausgemachten Aufstrichen. Besonders ausgefallen ist das englisches Frühstück aus Rührtofu und Bohnen.
Kartoffel Nobbi ist ein liebevoll geführter Feinkostladen in Moabit. „Den besten Kaffee und richtig gute Sandwiches mit Biokäse und frischem Gemüse“, verspricht Stammgast Aurel. Außerdem kann man dort 25 verschiedene Kartoffelsorten kaufen. Und beim Geplauder mit Geschäftsinhaber Norbert Serafin alias Nobbi erholt man sich von den gehypten Szeneläden.
Gemütlich und überwiegend studentisch mutet die BöseBubenBar an. Hier schlägt man sich zwischen vollen Bücherregalen samstags und sonntags für 7,50 Euro den Bauch am Buffet voll. Mitten in Berlin, um die Ecke von der Friedrichstraße gelegen, entkommt man dort umherflanierenden Touristen.
Wer den klassischen Brotkorb plus Käseplatte nicht mehr sehen kann, sollte sich ein türkisches Frühstück im La Femme auf dem Kottbusser Damm gönnen. Siebzehn verschiedene Frühstückssorten gibt es hier. Menemen, eine Art Rührei, ist ein türkischer Frühstücksklassiker. Man kombiniert ihn zum Beispiel mit Käse, Hackfleisch oder frischen Tomaten. Studenten und Touristen sind hier selten. Dafür trifft man oft auf gut gelaunte türkische Hochzeitsgesellschaften. Guten Appetit heißt übrigens „afiyet olsun“.
Noch tiefer in den Orient geht es beim Märchenfrühstück im Beduinenzelt. Im Museum Dahlem reicht man sonntags regelmäßig Hommus, Falafel und Tee zu orientalischen Märchen und Erzählungen. Hier kommen auch kleine Frühstücksliebhaber auf ihre Kosten. Man muss rechtzeitig reservieren. Oft sind die Veranstaltungen schon Wochen vorher ausgebucht.
Entertainment bekommt man auch am Görlitzer Park bei Eric und Katia. Das französisch-brasilianische Duo betreibt den Salon Sucré – ein Café mit Friseursalon. Wenn man vor 10 Uhr kommt, sind die Köstlichkeiten noch warm. Dann setzt man sich am besten mit seinem frischen Brioche samt Marmelade auf die Terrasse und denkt über den nächsten Haarschnitt nach.
Noch mehr Frankreich gibt’s beim Dejeuner in der Croissanterie. Dieser kleine Laden in der Pannierstraße macht seinem Namen alle Ehre: Die Croissants schaffen es so nah an echte französische Backkunst heran, dass man beim Hineinbeißen gedanklich durch Pariser Straßen schlendert. Neben den Hörnchen servieren die Betreiber auch Brötchen mit Leckereien wie Rosmarinschinken, chèvre au miel, Auberginenpaste oder Comté. Dazu gibt’s einen frisch gepressten Orangensaft oder Milchkaffee. Alles zusammen für rund fünf Euro.
Wesentlich gediegenere Frühstücksfreuden und einen integrierten Blumenladen findet man im Prenzlauer Berg. Anna Blume, nach Kurt Schwitters’ berühmten Dada-Gedicht benannt, ist in aller Munde. Und wer will leugnen, dass es sich mit Silberbesteck auf weißen Tischdecken und einer prächtigen Tortenauswahl genüsslich speisen lässt? Da werden alle 27 Sinne angesprochen, von denen Kurt Schwitters dichtete.
Bekannt ist Sarah Wieners kulinarisches Können, das sich auch in ihrer Holzofenbäckerei Wiener Brot in der Tucholskystraße offenbart. Mit einem belegten, dreistufigen Sauerteigbrot setzt man sich auf die kleine rote Bank vor dem Laden und genießt die Sonne. Hinterher noch ein süßes Gebäck, wie eine Topfengolatsche (Quarktasche) und einen leckeren Cappuccino, und der Start in den Tag ist perfekt.
Für die Tage ohne ausreichend Zeit zum ausgedehnten Frühstücken empfiehlt sich die Stullenmacherin. Dort kann man sich von Montag bis Freitag das Pausenbrot schmieren lassen. Zum Beispiel mit leckerem Schwarzbierkäse. Das Brot kommt von einem kleinen Bäcker um die Ecke. Der Käse ist bio, wie auch einige Wurstsorten. Damit tankt man Energie für die stressigen Tage.
Wie gesagt, bezeichnete „Frühstück“ einmal das harte Stück Brot zu Tagesbeginn. Doch so viel steht fest: Wer heute in Berlin frühstücken geht, kann schon etwas mehr erwarten.
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