Polizei prüft Fahndung per Foto

Im Mainzer Hauptbahnhof testet das Bundeskriminalamt an 200 Personen, ob die biometrische Fahndung auch in Deutschland eingesetzt werden soll. Die Testphase dauert bis 2007. Wer mitmacht, bekommt eine Espressomaschine

AUS FRANKFURT AM MAIN KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

In den Vereinigten Staaten gehört die biometrische Gesichtserkennung längst zum technischen Equipment der Sicherheitsorgane. Und auch in Großbritannien und Israel werden mit Hilfe von gespeicherten Gesichtsmerkmalen gesuchte Personen aus Menschenmengen „herausgefiltert“. Im Westen also nichts Neues. Dennoch untersuchte das Bundeskriminalamt (BKA) die biometrische Gesichtserkennung als Fahndungsinstrument im Rahmen eines 210 000 Euro teuren Forschungsprojekts.

Der Vizepräsident des BKA, Jürgen Stock, sagte gestern auf einer Pressepräsentation des „Feldversuchs“ der deutschen Kriminologen auch warum: „Weil unsere Ansprüche an die Zuverlässigkeit eines solchen Systems höher sind.“ Und weil in Deutschland alles „auf Herz und Nieren geprüft“ werden müsse.

Seit Montag läuft diese „Überprüfung“ in der Eingangshalle des Mainzer Hauptbahnhofes. Alle Probanden wurden vor Beginn der Testphase von Mitarbeitern des BKA fotografiert. Diese Fotodatei dient im Test als Erkennungsgrundlage für ein Videokamerasystem, das mit einem besonderen Dateiformat, dem „Template“, verbunden ist. In diesem sind die biometrischen Merkmale der Versuchspersonen gespeichert. Die Technolo- gie der Gesichtserkennung identifiziert Menschen ausschließlich über Merkmale im Gesicht, die sich nicht leicht verändern lassen und lebenslang weitgehend konstant bleiben. Das sind die oberen Ränder der Augenhöhlen, bestimmte Bereiche der Kieferknochen und der Mund. Verdächtige mit Sonnenbrille, Kopftuch und zusammengepressten Lippen gehen der Polizei allerdings auch mit der sogenannten Fotofahndung weiter durch die Lappen. Das System ist also – wie die Videoüberwachung auch – nur bedingt tauglich, räumte Stock ein. Um Straftaten zu verhindern oder Gesuchte festzunehmen, müssen trotz Überwachungssystem Polizisten vor Ort sein. Daher sollen dort, wo die Fotofahndung tatsächlich eingeführt wird, schnelle Zugriffstruppen stationiert werden. Etwa in den Kellerräumen von Bahnhöfen und Fußballstadien. Das „Herausfiltern“ gewaltbereiter Hooligans aus einer Gruppe von Fußballfans ist laut Stock ein denkbares Einsatzfeld für die biometrische Fahndung.

Das BKA versicherte abschließend, dass die Daten der Versuchsteilnehmer nach dem Ende des Forschungsprojekts „umgehend gelöscht“ würden. Das Versuchsfeld im Mainzer Hauptbahnhof ist übrigens gekennzeichnet, sodass Personen, die von den Kameras nicht erfasst werden wollen, daran vorbeigehen können. Rund 200 Personen machten bei dem Versuch mit, woraus BKA-Vize Stock schlussfolgerte, dass die Bevölkerung dem Projekt „sehr aufgeschlossen“ gegenüberstehe. 50 „Freiwillige“ wurden allerdings aus Behörden rekrutiert. Und den Teilnehmern wurde nach Abschluss der Testphase Ende Januar 2007 ein „attraktives Präsent“ versprochen, etwa eine Espressomaschine.