Gewalt oder ziviler Ungehorsam

Zunehmende Kritik am „aggressiven“ Polizeieinsatz bei der NPD-Kundgebung. Polizei widerspricht entschieden

Gut eine Woche nach dem NPD-Aufmarsch in Walle häufen sich die Beschwerden von GegendemonstrantInnen, die das Verhalten der Polizei als zu aggressiv kritisieren. Deren Sprecher Heiner Melloh wies diese Anschuldigungen gestern entschieden zurück. Auch Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) hatte das Verhalten seiner Beamten als „umsichtig“ gelobt.

Edith Belz und Ayhan Zeytin vom „Forum gegen Rechts“ aus Delmenhorst hingegen haben die Polizei nach eigenen Angaben als „provozierend, gewalttätig und absolut unangemessen“ erlebt. Kritik erntete unter anderem die Hundestaffel – „scharf gemachte, wild kläffende Schäferhunde ohne Maulkorb“, wie Belz sagt. Mindestens ein Mann sei gebissen worden. Zudem seien „wahllos“ Menschen mit Knüppeln und Pfefferspray attackiert worden, „weil sie gerade im Weg standen“.

Vorwürfe wurden zudem gegen Polizeibeamten aus Berlin laut. „In Einzelfällen gab es Übergriffe“, sagt Raimund Gäbelein vom Verein der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten (VVN/BdA). So habe er selbst beobachtet, wie Berliner Polizeikräfte einen bereits am Boden liegenden Demonstranten getreten hätten. Mindestens ein halbes Dutzend Menschen seien durch Polizeigewalt zu Schaden gekommen, sagt Gäbelein, ob Klagen erhoben würden, sei noch unklar. Die Gewalt ging „eindeutig“ von der Polizei aus, sagt das Bremer Bündnis gegen Rechts. Mehrere 100 Augenzeugen könnten dies bestätigen.

Den 124 NPD-AnhängerInnen stellten sich insgesamt rund 7.000 Menschen entgegen. Die DemonstrantInnen durchbrachen die erste Polizeikette und stießen auf die geplante Nazi-Route vor. 2.300 PolizistInnen wurden eingesetzt, fünf von ihnen leicht verletzt.

Insgesamt wurden 200 Menschen in Gewahrsam genommen, zehn Personen unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs festgenommen. Auch vom Lautsprecherwagen aus sei zu Straftaten aufgerufen worden, so Melloh. Danach habe ein „großer Teil von Autonomen“ mit „hoher Aggressivität“ und strafbarerweise die gerichtlich festgelegte Pufferzone durchbrochen. Dabei seien die PolizistInnen „regelrecht über den Haufen gerannt“ worden. Gäbelein hingegen sieht im Überschreiten der Demarkationslinie keine Gewalt – sondern „zivilen Ungehorsam“. mnz