Der Welthandel wird zu einer Nebensache

Beim Apec-Gipfel in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi dominieren sicherheitspolitische Fragen – vor allem der Umgang mit Nordkoreas Atomprogramm. Lippenbekenntnisse zur Wiederbelebung der Doha-Freihandelsrunde

BANGKOK taz ■ Auch in diesem Jahr hat sich das Gipfeltreffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftskooperative, kurz Apec, nicht viel mit ökonomischen Fragen beschäftigt. Beherrscht wurde die Tagesordnung von der Diskussion über das nordkoreanische Atomprogramm. Die 21 Mitglieder der Apec äußerten einhellig „große Besorgnis“ über die Machtspiele von Diktator Kim Jong Il.

Nordkorea hatte am 9. Oktober einen ersten Atomwaffentest durchgeführt. Die Aufforderung, Pjöngjang solle zu den so genannten Sechser-Gesprächen über sein Atomprogramm zurückkehren, war auf dem Apec-Gipfel in Hanoi aber nur mündlich hinter verschlossenen Türen verlesen worden. Zu den sechs Nationen gehören neben Nordkorea die USA, Südkorea, Japan, China und Russland.

Die nur mündlich bekannt gegebene Verlautbarung hatte einen Grund. Denn offenbar gibt es ernsthafte Differenzen über die Art der Sanktionen gegen Nordkorea: Die USA, die nach dem Atomtest bereits Finanzsanktionen verhängt hatten, fordern ebenso wie Japan einen härteren Kurs gegenüber dem stalinistischen Land. Dazu gehören das Abfangen und Durchsuchen von Frachtschiffen. China und Russland hingegen setzen derzeit eher auf Verhandlungen mit dem Regime in Pjöngjang. Vorsichtig gab sich auch Südkoreas Präsident Roh Moo Hyun: An Inspektionen von Schiffen werde sich sein Land nicht beteiligen, um den Nachbarn im Norden nicht zu provozieren, so Roh. Südkorea und China fürchten eine weitere politische Destabilisierung der Region.

Darüber gerieten wirtschaftliche Fragen in den Hintergrund. Zwar hieß es in der Apec-Abschlusserklärung, dass „ein endgültiges Scheitern von Doha schwerwiegende Folgen für die Volkswirtschaften“ hätte. Doch das Versprechen, alles daran zu setzen, um die bislang gescheiterten Welthandelsgespräche wieder zu beleben, ist bloßes Lippenbekenntnis. Denn bereits in den vergangenen Jahren hatten die Apec-Staaten versichert, multilaterale Beziehungen und die WTO-Gespräche fördern zu wollen. Passiert ist seitdem nichts, vielmehr sind die Welthandelsgespräche zuletzt im Juli dieses Jahres in Genf gescheitert. Verantwortlich dafür waren vor allem die Weigerungen von USA und EU, ihre Agrarsubventionen für die heimische Landwirtschaft sowie Importzölle für Waren aus den Ländern des Südens zu senken oder ganz abzuschaffen. Davon aber hatten Schwellen- und Entwicklungsländer ihre Entscheidung abhängig gemacht, die eigenen Märkte zu liberalisieren.

Manche Teilnehmer zeigten sich in Hanoi verärgert über den inhaltlichen Kurs des Gipfeltreffens: „Apec soll zu seinem ursprünglichen Zweck zurückkehren, und zwar als ein Instrumentarium, das Wirtschaft und Wachstum voranbringt“, monierte Malaysias Premier Abdullah Ahmad Badawi. Schon während des Apec-Gipfels 2003 in Bangkok hatte sich Malaysia verärgert gezeigt: Damals hatte US-Präsident George W. Bush zumeist erfolgreich versucht, das Forum für den US-geführten Krieg gegen den Terror zu instrumentalisieren. NICOLA GLASS

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