Die schönsten Filme bekommen keinen Preis

Heute wird in Berlin der Deutsche Filmpreis verliehen. Fast drei Millionen Euro Preisgeld stellt das Bundeskulturministerium der Deutschen Filmakademie dafür zur Verfügung. Doch die schönsten Filme – auf dieser Seite finden Sie eine Auswahl – sind gar nicht erst nominiert, weil das Auswahlverfahren der Akademie für ästhetischen Reichtum keinen Blick hat. CN

„Falscher Bekenner“ von Christoph Hochhäusler zeigt einen Teenager mit Hang zur Selbstbezichtigung, zur Tagträumerei und zur Leistungsverweigerung. Wir sehen Hauptfigur Armin (Constantin von Jascheroff) beim Bewerbungstraining und beim – wohl eingebildeten – schwulen Sex. Nicht nur Armin, sondern auch die präzise inszenierten Bilder des Films bewegen sich zwischen Realität und Traum. EK

„Am Rand der Städte“ von Aysun Bademsoy porträtiert in lockeren Skizzen Türken, die in Deutschland gelebt und gearbeitet haben, bevor sie in die Türkei zurückkehren. Ein unaufgeregter, genauer und zugleich empathischer Blick auf das Leben der Migranten. Dass Bademsoys Film in der Kategorie des besten Dokumenarfilms nicht einmal vornominiert war, zählt zu den Fehlentscheidungen der Akademie. CN

„Montag kommen die Fenster“ ist Ulrich Köhlers zweiter Film und nach dem Adoleszenzdrama „Bungalow“ eine Ehekrisentragikomödie. Nina (Isabella Menke) macht sich davon, Frieder (Hans-Jochen Wagner) bleibt zurück im neuen Haus. Ninas Begegnung mit Tennis-Altstar Ilie Nastase in einem geschenkverpackten Hotel widerlegt all jene, die den Filmen der „Berliner Schule“ gerne Humorlosigkeit vorwerfen. EK

„Die Quereinsteigerinnen“ von Rainer Knepperges und Christian Mrasek handelt vom Quereinstieg ins Entführungsgeschäft. Zwei Frauen verschleppen einen Telekomchef und fordern die Wiederaufstellung der gelben Telefonzellen. Die Komödie balanciert Albernheit mit Kapitalismuskritik und erfreut mit Auftritten von Regie-Legende Klaus Lemke. EK

„Sehnsucht“ von Valeska Grisebach war einer der schönsten Filme, die 2006 den Weg ins Kino fanden: eine Liebesgeschichte aus Brandenburg, mit Laiendarstellern gedreht, was zu einer betörenden Melange von Melodram und Dorfalltag führte. „Sehnsucht“ war zwar unter den vornominierten Filmen. Heute Abend jedoch ist der Film nicht dabei. CN

„Lucy“ von Henner Winckler erzählt von Maggy (Kim Schnitzer), einer alleinerziehenden Mutter, die sich in einen jungen Mann verliebt, dem das Kind bald zu viel wird. Eine einfache Geschichte, aus der der Film auch kein Drama macht. Stattdessen beobachtet er nüchtern und genau und mit unaufdringlicher Sympathie den Alltag seiner Figuren. EK

Mit dem Dokumentarfilm „Aus der Ferne“ begibt sich der deutsch-türkische Regisseur Thomas Arslan ins Land seiner Kindheit. Sparsame Kommentare, ein Besuch beim Kollegen Nuri Bilge Ceylan, streng komponierte Bilder, Blicke durch Fenster, offene Augen und Ohren für Menschen und Straßen und Plätze von Istanbul bis an die Ostgrenze der Türkei. EK

„Sommer ’04“ von Stefan Krohmer lässt in wunderbaren Segelszenen den Wind, das Wasser, die Figuren und den Himmel interagieren. Außerdem inszeniert Krohmer die libidinösen Verwicklungen der Figuren so überzeugend, dass das Publikum im besten Sinne irritiert ist – von der Intensität der Begehrensflüsse ebenso wie von den Volten des Plots. CN