: Rote Parteisaniererin
Dem SPD-Landesverband laufen die Mitglieder davon. Deshalb sollen 20 Stellen in der Partei wegfallen
Ein beliebtes Vorurteil gegen Parteienpolitiker lautet, sie würden sich zunehmend von der Lebensrealität der „einfachen Bevölkerung“ entfernen. Doch die Schicksalsschläge des Arbeitslebens kommen auch den Parteien bedrohlich nahe. Hannelore Kraft, die SPD-Chefin in Nordrhein-Westfalen, übt sich neuerdings in der Rolle der Saniererin ihres Unternehmens. Weil der Apparat von 120 SPD-Angestellten im Land bei sinkenden Mitgliederzahlen zu groß geworden ist, will Kraft bis Jahresende 20 Stellen abbauen.
Damit reagiert die SPD auf die dramatisch einbrechenden Mitgliederzahlen. In den vergangenen fünf Jahren traten gut 50.000 Mitglieder aus dem Landesverband aus. Nun haben noch rund 150.000 LandesbürgerInnen ein rotes Parteibuch. Dass die Bindungskraft der NRW-Sozis inzwischen darniederliegt, zeigte sich spätestens im Jahr 2004. Damals überholte die Landes-CDU die SPD in ihren Mitgliederzahlen – heute hat sie 170.000 BeitragszahlerInnen, rund 20.000 mehr als die SPD. „Ein strategischer Vorteil für uns“, sagt CDU-NRW-Sprecher Matthias Heidmeier genüsslich.
Trotzdem nimmt sich die Zahl der Angestellten vergleichsweise bescheiden aus: 72 Beschäftigte hat die CDU in NRW, gegenüber 120 bei der SPD. „Wir brauchen schlankere Strukturen.“: Dieser Satz könnte vom Telekom-Chef stammen, kommt aber in diesem Fall dem SPD-Sprecher Dirk Borhart über die Lippen. Seit 2003 baut der rote Landesverband schon kontinuierlich Personal ab. „Natürlich wollen wir auch jetzt betriebsbedingte Kündigungen verhindern“, sagt Borhart. Daher lote die Düsseldorfer Parteiführung mit Verdi und dem Betriebsrat aus, wie die Stellen von der Gehaltsliste verschwinden. Die 20 Betroffenen könnten freiwillig in Altersteilzeit gehen, oder in eine Transferagentur wechseln.
Nur der langfristige Sanierungsplan für die Landes-SPD scheint noch zu fehlen. „Ich sehe keine Möglichkeit, wie der Mitgliederschwund gesenkt werden kann“, sagt der Bonner Politologe Tilman Mayer. So lange die CDU stärkere Führungspersonen wie den NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers habe, bleibe der SPD nichts anderes übrig, als mit einem Stellenabbau die Notbremse zu ziehen. Der Betriebsrat der Landes-SPD verspricht aber zumindest, abzüglich der 20 Stellen sei der Personalschlüssel bis Mitte des nächsten Jahrzehnts haltbar.MORITZ SCHRÖDER