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Drohnenangriff auf den Atom-Mythos

SICHERHEIT Ein neues Gutachten von Greenpeace zu potenziellen Terroranschlägen auf französische Atomkraftwerke soll so brisant sein, dass die Umweltorganisation es nicht veröffentlichen will

PARIS taz | Wo kommen sie her? Seit zwei Monaten werden in Frankreich immer wieder Drohnen beobachtet, die über Atomanlagen fliegen. Die Sicherheitsbehörden haben bisher nicht herausfinden können, wer sie steuert. Nun schlägt die Umweltorganisation Greenpeace Alarm: Die Atomkraftwerke seien „absolut unzureichend“ gegen Terroranschläge gesichert, erklärte Greenpeace Frankreich am Dienstag. Die Flugobjekte seien eine „ernstliche Gefährdung der Sicherheit in Frankreich, Deutschland und angrenzenden europäischen Ländern“.

Anlass der Warnung war eine Anhörung im französischen Parlament zu den technologischen Risiken der Atomanlagen. Die Umweltschützer stützen ihre Argumentation auf ein Gutachten des britischen Spezialisten für nukleare Sicherheit, John Large, das sie den Behörden übergeben haben, aber nicht selbst veröffentlichen wollen: Man dürfe potenziellen Attentätern keine Detailinformationen liefern, hieß es.

Zugleich kritisierte Yannick Rousselet, der Sprecher der Organisation, die einseitige Informationspolitik der französischen Regierung. Diese habe sich seit der Tschernobyl-Katastrophe von 1986 kaum geändert. Damals hatte der höchste Strahlenschutzverantwortliche des Landes, Pierre Pellerin, die Bevölkerung glauben lassen, die radioaktiven Wolken würden an der östlichen Grenze haltmachen und Frankreich so verschonen.

Was damals die Wolken waren, sind heute die Drohnen. Mindestens dreißig Überflüge wurden bereits gezählt. Dieser potenziellen Bedrohung trage das Sicherheitskonzept der französischen Kernanlagen kaum Rechnung, sagt Rousselet mit Verweis auf das unveröffentlichte Gutachten von Large: „Im Gegensatz zu den Behauptungen der französischen Behörden bestehen bei verschiedenen Szenarien eines böswilligen Einsatzes von Drohnen gegen ungenügend geschützte Anlagen große Risiken radioaktiver Verstrahlung.“

Ohne auf die Details dieser Gefahren einzugehen, fordert Greenpeace größere Kompetenzen für das Amt für Reaktorsicherheit. Zudem müsse der Atomkonzern EDF Vorkehrungen für einen besseren Schutz der Einrichtungen treffen, namentlich bei den Abklingbecken für verbrauchte Brennelemente, die im Bericht wohl als besondere besorgniserregende Schwachstelle ausgemacht werden.

Greenpeace rennt in Frankreich nicht nur gegen einen breiten Atomkonsens in der Politik an, sondern kämpft wegen seiner oft spektakulären Aktionen auch mit einem Image als quasi „subversive“ Organisation. Es ist darum nicht sehr verwunderlich, dass es aus Paris bisher noch keine offizielle Reaktion zu der neuesten Studie gibt. Auch die Drohnen-Affäre wird weiterhin heruntergespielt, es handle sich um eine Art Spielzeug, das keine echte Gefahr für die Anlagen darstellen könne.

Ohnehin möchte gerade die französische Staatsführung das Thema AKW und Rückbau meiden. Präsident François Hollande wollte bis 2017 wenigstens das älteste in Fessenheim oder die marode Anlage in Cattenom stilllegen, zögert aber wegen der absehbaren Kosten. RUDOLF BALMER

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