Vom Zivildienst zur Diplomatie

Mit Botschafter Joachim Rücker stellt Deutschland im nächsten Jahr erstmals den Präsidenten des UNO-Menschenrechtsrates in Genf. Die 47 Mitgliedstaaten des Rates wählten den 63-jährigen Diplomaten gestern im Konsens per Akklamation. Auch in der Gruppe der westlichen Ratsmitglieder, die 2015 turnusmäßig den Vorsitz des Gremiums stellt, hatte Rücker keine/n GegenkandidatIn.

So viel Einstimmigkeit ist nicht selbstverständlich, zumal Rücker den Botschafterposten in Genf erst im August dieses Jahres antrat. Doch durch intensive Kontakte gerade auch mit Amtskollegen aus Ländern des Südens konnte Rücker sich einen gewissen Vertrauensvorschuss erwerben. Zugute kam ihm dabei die breite Auslandserfahrung, die er in den letzten 45 Jahre nicht nur im diplomatischen Dienst gesammelt hat.

Nach einem Austauschjahr in den USA 1968/69 machte Kriegsdienstverweigerer Rücker seinen Zivildienst mit der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste in Israel. Dem Studium der Wirtschaftswissenschaften in Freiburg folgten bis 1991 verschiedene Tätigkeiten im Auswärtigen Dienst, darunter in Daressalam, Wien und Detroit. Nach zwei Jahren als außenpolitischer Berater der SPD-Bundestagsfraktion war Rücker acht Jahre lang Oberbürgermeister in Sindelfingen. Die Zeit bis 2008 verbrachte der verheiratete Vater dreier Kinder in verschiedenen internationalen Funktionen auf dem Balkan, zuletzt als Leiter der UNO-Mission (Unmik) im Kosovo.

Der UNO-Menschenrechtsrat ist allerdings eine diplomatische Schlangengrube, in der man als Präsident das Vertrauen vieler Mitgliedstaaten schnell wieder verlieren kann. Das Risiko ist angesichts der Aufgaben und Themen, die für 2015 auf der Tagung des Rates stehen, nicht gering: So wird es um Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea, Syrien/Irak, durch den Islamischen Staat oder die Untersuchung von Menschenrechtsverstöße im Gazakrieg gehen. Zudem muss Rücker in seiner neuen Funktion gegen die repressiven Maßnahmen vorgehen, mit denen immer mehr Regierungen die Kooperation von NGOs mit dem Menschenrechtsrat zu verhindern suchen. ANDREAS ZUMACH