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Press-SchlagMit Pizza und Burger

■ Die Sprinterin Marion Jones will in 14 Monaten neun Goldmedaillen holen

Es hat etwas Charmantes, sich vorzustellen, wie Marion Jones und ihr Ehemann C. J. Hunter zu Hause darüber diskutieren, was es denn zum Abendessen gibt. Jones, die ranke, athletische Sprinterin, und Hunter, der deshalb genau wie ein Kugelstoßer aussieht, weil er eben einer ist. Mit anderen Worten, er besitzt die Physiognomie einer besonders geräumigen Tiefkühltruhe. Vielleicht ist die Sache aber auch gar nicht so kompliziert, denn Marion Jones versichert, daß sie keine strikte Diät einhält. „Wenn ich eine Pizza will, esse ich eine Pizza, wenn mir nach einem Burger ist, dann gibt es Burger.“ Beifälliges Nicken von C. J. Hunter.

Der Kugelstoßer steht bescheiden, wenn auch nicht unscheinbar im Hintergrund beim Pressetermin in Berlin, wo seine schnelle Gattin ihre Ziele für die nächsten 14 Monate präzisiert. Neun Goldmedaillen gedenkt die 23jährige in dieser Zeit zu gewinnen, vier bei den Weltmeisterschaften Ende August in Sevilla, fünf bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney. „Es ist eine Ehre, mit Leuten wie Wilma Rudolph oder Carl Lewis verglichen zu werden, aber ich möchte mir einen eigenen Namen machen“, sagt sie. „Ich hoffe, daß in zwanzig Jahren eine andere talentierte junge Athletin mit Marion Jones verglichen wird.“

Um das zu erreichen, will sie nicht nur die olympische Goldflut realisieren, sondern auch die mehr als dubiosen Weltrekorde über 100 und 200 m von Florence Griffith-Joyner brechen. „Das sind schon unglaubliche Zeiten“, gibt sie zu, „aber irgendwann werden sie unterboten. Ich traue es mir zu.“ Keine Sekunde kommt sie ins Schleudern, als sie gefragt wird, was sie eigentlich so schnell mache. „Ein besonderes Talent und hartes Training.“ Schon als Kind sei sie sehr ehrgeizig gewesen und habe gewußt, daß sie sportlichen Erfolg haben werde, egal, was sie tue.

Das war bis vor zwei Jahren Basketball. Vier Jahre lang spielte sie im College-Team von North Carolina, mit dem sie sogar Champion wurde. Erst als sie C. J. Hunter zu den Olympischen Spielen nach Atlanta begleitete, bekam sie wieder Geschmack an der Leichtathletik, und so läuft sie, statt in der WNBA auf Korbjagd zu gehen, in Europa dem Jackpot der Golden League hinterher, wo sie alle drei bisherigen 200 m-Rennen gewonnen hat, zuletzt am Mittwoch in Paris. Was keineswegs heißt, daß sie mit dem Basketball abgeschlossen hat. Wenn sie die ganzen Goldmedaillen und Rekorde habe, so sagt sie, könne sie sich gut vorstellen, noch in der WNBA zu spielen. Auf keinen Fall wolle sie, so wie Merlene Ottey, noch mit 39 Jahren Leichtathletin sein. „Dafür will ich zu viele andere Dinge machen.“

Populärer wäre sie als WNBA-Profi allemal, denn die Leichtathletik ist nach wie vor eine Randsportart in den USA. Es sei schön, nach Europa zu kommen und zu sehen, „daß es Menschen gibt, die unseren Sport lieben“, sagt Marion Jones. „Wenn ich zu Hause in den Supermarkt gehe, erkennt mich niemand.“ Fünf Goldmedaillen in Sydney würden das wohl ändern, und die Wahrscheinlichkeit, daß sie diese holt, sind nicht gering. Über 100 und 200 m ist sie derzeit kaum zu schlagen, die beiden Staffeln – bei der WM in Sevilla beschränkt sie sich auf eine – hängen auch vom Team ab, der kniffligste Punkt ist der Weitsprung, wo sie zuletzt bei den US-Meisterschaften gegen Dawn Burrell verlor.

Daß sie nicht nur an sich denkt, bewies sie diese Woche in Paris, als sie das Golden-League-Konzept mit Riesenpreisgeldern für die Sieger und geringen Prämien für jene dahinter kritisierte. Die eine Million Dollar im Jackpot würde sie trotzdem gern mitnehmen. Was sie mit dem Geld macht? „Das verteile ich natürlich an die Journalisten.“ Matti Lieske

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