Geübt in Konfliktbewältigung

Gestern hat die „Deutsche Stiftung Friedensforschung“ ihre Arbeit aufgenommen. Die von der Bundesregierung geförderte Institution soll eine unabhängige Friedensforschung garantieren. Die Unionsparteien sprechen von „Klientelpflege“

von NICOLE MASCHLER

Noch bevor die „Deutsche Stiftung Friedensforschung“ ihre Arbeit aufnahm, war Konfliktbewältigung in eigener Sache angesagt. Denn die Union zweifelte an der politischen Unabhängigkeit der Einrichtung. Die im Oktober von der Bundesregierung ins Leben gerufene Stiftung soll die Friedensforschung in Deutschland dauerhaft stärken. Gestern kam der 16-köpfige Stiftungsrat in Osnabrück zur Gründungsversammlung zusammen.

Die Friedensforscher sollen auf Gefahren hinweisen und politische Entscheidungen „auf ihre möglichen Konsequenzen hin abklopfen“, so Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn. Kriege wie in Exjugoslawien hätten die Notwendigkeit neuer Strategien gezeigt. Das Forschungsministerium hat in den nächsten drei Jahren 50 Millionen Mark zugesagt. Die Kohl-Regierung habe das Potenzial der Friedens- und Konfliktforschung eher gering geschätzt, so Bulmahn. 1994 war die Förderung durch ein Sonderprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgelaufen.

Die Stiftung orientiert sich am US-Modell der Politikberatung. Sie soll die „Pluralität in der Forschung“ stärken, damit die Politiker zwischen alternativen Vorschlägen wählen können, so Bulmahn. Dem Stiftungsrat gehören acht Wissenschaftler, drei Abgeordnete und vier Vertreter verschiedener Ministerien an. Im Gründungsvorstand saßen der frühereBundesminister Egon Bahr (SPD) sowie der Leiter des SPD-nahen Hamburger Instituts für Friedensforschung, Dieter S. Lutz.

Die Union warf der Koalition daher „Klientelpflege“ vor. Mit Steuergeldern, so der parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer Eckart von Klaeden solle „ein ideologisches Biotop geschaffen werden“. Die Friedensforschung könne auch gestärkt werden, indem Geld an vorhandene Forschungsinstitute wie die „Stiftung Wissenschaft und Politik Ebenhausen“ gehe, so Klaeden. „Eine neue Stiftung ist überflüssig wie ein Kropf.“ Auch Wissenschaftler hatten eine breitere Einbindung der Strömungen der Friedensforschung angemahnt.

Gunther Hellmann, Forschungsgruppenleiter „Internationale Organisationen“ der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, setzt auf die Stiftungsidee. „Diese bietet den Vorteil stärkerer Unabhängigkeit von parteipolitischen Einflüssen“, so Hellmann zur taz. „Was wir nicht brauchen, ist eine erneute Polarisierung zwischen Friedens- und sicherheitspolitischer Forschung wie in den 70er- und 80er-Jahren.“

Die Sorge um eine einseitige Ausrichtung der Stiftung dürfte indes unbegründet sein. So kritisierte Gründungsvorstand Lutz in einem offenen Brief an den Bundestag das Vorgehen der Koalition im Kosovokrieg scharf. Deutschland habe mit der Beteiligung an den Angriffen auf Jugoslawien nicht nur gegen Völkerrecht, sondern auch gegen das Grundgesetz verstoßen.