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Brigadist bleibt anerkannter KDVler

■ Waffentragen beim Nicaragua–Einsatz kein nachträglicher Aberkennungsgrund für anerkannte Kriegsdienstverweigerer / Der Prüfungsausschuß anerkannte auf Notwehr bei bedrohlichen Situationen auch im Ausland / Nicht vergleichbar mit Dienst in einer Armee

Von Vera Gaserow

Berlin (taz) - Der 30jährige Schreiner Joachim Schraivogel aus Ulm, der in einer Fernsehsendung berichtet hatte, daß er als Aufbauhelfer in Nicaragua mit einer Waffe in der Hand Nachtwache gehalten hatte, bleibt weiterhin anerkannter Kriegsdienstverweigerer. Das entschied am Mittwoch nachmittag nach sechsstündiger Anhörung der dreiköpfige Prüfungsausschuß für Kriegsdienstverweigerer im Kreiswehrersatzamt Ulm. Damit ist der erste, groß angekündigte Versuch des Verteidigungsministeriums und des Bundesbeauftragten für Zivildienst gescheitert, Aufbauhelfern in Nicaragua nachträglich den Status als Kriegsdienstverweigerer abzuerkennen. Joachim Schraivogel ist einer von bisher drei seit Jahren anerkannten Kriegsdienstverweigerern, für die der Bundesbeauftragte für Zivildienst ein erneutes Anerkennungsverfahren eingeleitet hatte. Wer in Nicaragua eine Kalaschnikof in die Hand nimmt, so der Tenor der medienwirksamen Argumentation, kann auch zum Waffentragen in der Bundeswehr verpflichtet werden. Vor dem Prüfungsausschuß in Ulm hatte sich der Bundesbeauftragte gar nicht mehr die Mühe gemacht, diese juristisch kaum haltbare Aberkennung zu begründen. Demgegenüber mußten der seit elf Jahren anerkannte Kriegsdienst verweigerer Schraivogel und sein Anwalt über Stunden vor dem Ausschuß erklären, warum der Aberkennungsantrag rechtlich völlig unzulässig sei. Selbst zahlreiche höchstrichterliche Urteile des Bundesverfassungsgerichts machen nämlich einen klaren Unterschied zwischen dem Waffentragen in einer Armee und der Gegenwehr in einer Notsituation. Und um ein solches Recht auf Notwehr, so begründete Joachim Schraivogel, habe es sich gehandelt, als er zum Schutz vor Angriffen der antisandinistischen Contra bei der Nachtwache in Nicaragua eine Waffe bei sich getragen hatte. Nach wie vor sei er ein überzeugter Kriegsdienstverweigerer und würde in keiner Armee der Welt, auch nicht in der sandinistischen, mit einer Waffe kämpfen. Das vom Bundesverfassungsgericht auch für Kriegsdienstverweigerer anerkannte Notwehrrecht gelte überall auf der Welt, hatte auch Schraivogels Anwalt Martin Rehfeld argumentiert, und es müsse gerade in Spannungsgebieten wie Nicaragua gelten. Nach intensiver Befragung schloß sich der Prüfungsausschuß der Ansicht an, daß Schraivogel in Notwehr gehandelt habe.

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