: Freiheit für südafrikanische Kinder!
■ Zum internationalen Tag der Menschenrechte gedachten südafrikanische Eltern ihrer inhaftierten Kinder / 4.000 Kinder aufgrund des Ausnahmerechts inhaftiert / Mit einer Kampagne soll die Freilassung aller vor Weihnachten erreicht werden
Von Hans Brandt
Johannesburg (taz) - Hunderte von Eltern hielten gestern im Haus des südafrikanischen Kirchenrates eine Weihnachtsfeier für ihre inhaftierten Kinder ab. Der anglikanische Bischof Simeon Nkoane, ein bekannter Anti–Apartheid– Gegner, segnete Lebensmittelgeschenke für die Kinder. Wolfram Kister, führender Mitarbeiter des Kirchenrates, stellte einen Vergleich zur Verfolgung der Kinder Israels durch Herodes her. Die Feier fand am internationalen Tag der Menschenrechte, dem 38. Jahrestag der Unterzeichnung der UNO–Menschenrechtserklärung, statt und war Teil der von Menschenrechtsgruppen vor wenige Wochen gestarteten Kampagne „Freiheit für die Kinder“. Menschenrechtsgruppen schätzen, daß bis zu 4.000 Kinder aufgrund des seit fast sechs Monaten gültigen Ausnahmerechts inhaftiert sind. Dabei wird mit Mißhandlung und Folter auch bei Kindern keine Ausnahme gemacht. „Was für eine Gesellschaft ist es, die vor ihren eigenen Kinder geschützt werden muß“, fragte Ethel Walt, Transvaal–Präsidentin der von Frauen betriebenen Gruppe „Black Sash“ (“Schwarze Schärpe“). Die Inhaftierung von Kindern nannte sie „ungeheuerlich“. Überrascht von der Empörung, die die Kampagne „Freiheit für die Kinder“ in letzter Zeit hervorgerufen hat, versuchte General Johan Coetzee, Leiter der südafrikanischen Polizei, Anfang der Woche, die Leute zu beruhigen. Er gab bekannt, daß „nur“ 256 Kinder im Alter zwischen 11 und 15 Jahren hinter Gittern seien. Die internationale Entrüstung war nach dieser Ankündigung um so größer. Coetzee hatte nun zum ersten Mal offiziell zugegeben, daß Kinder verhaftet werden. Außerdem hatte er versucht, die Zahl der Verhaftungen scheinbar niedrig zu halten, in dem er nur von Kindern unter 16 Jahren sprach. Doch nach südafrikanischem Gesetz gelten alle unter 18 Jahren als Kinder. Der 13jährige Zacharia Makhanjane wurde am vergangenen Freitag nach mehr als 3 Monaten hinter Gittern freigelassen. Er berichtete diese Woche vor Journalisten von zahlreichen Mißhandlungen. Haare wurden ihm ausgerissen, er wurde geschlagen, getreten und bis zur Bewußtlosigkeit gewürgt. Mehr als einen Monat mußte er im Krankenhaus des Leeuhof–Gefängnisses südlich von Johannesburg verbringen. NAMDA, eine alternative Organisation von Medizinern, warnt vor den schweren psychologischen Schäden, die eine solche Behandlung bei Kindern verursachen kann. „Viele Kinder entwickeln Symptome wie Schlaf– und Konzentrationsschwierigkeiten und die Unfähigkeit, mit anderen Menschen zu verkehren“, heißt es in einer NAMDA–Erklärung. „Manche werden verschlossen, deprimiert und denken sogar an Selbstmord.“ Mit der Kampagne „Freiheit für die Kinder“ soll die Freilassung aller Kinder vor Weihnachten erreicht werden. Unter anderem hat die „Black Sash“ mehr als 30.000 Weihnachtskarten gedruckt, die mit dieser Forderung aus aller Welt an den südafrikanischen Staatspräsidenten, P.W. Botha, geschickt werden sollen. Ethel Walt sagte dazu: „Kinder gehören nach Hause, nicht ins Gefängnis.“
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