: Wallmann am Schaltpult der Macht
■ CDU–Chef Wallmann wurde mit einer Oppositionsstimme zum hessischen Ministerpräsidenten gewählt SPD–Blamage auch bei der Wahl des Landtagsvizepräsidenten / Kein Vize–Posten für die Grünen
Von Klaus–Peter Klingelschmitt
Wiesbaden (taz) - Der Landesvorsitzende der hessischen CDU und ehemalige Bundesumweltminister Walter Wallmann wurde gestern im hessischen Landtag zum neuen Ministerpräsidenten des Bundeslandes gewählt. Überraschenderweise erhielt Wallmann bei der Wahl auch eine Stimme aus den Reihen der SPD–Abgeordneten, denn bei der Auszählung lagen 57 Stimmen für Wallmann in der Urne, während sein Gegenkandidat Krollmann (SPD) nur 53 Stimmen erhielt. Die neue Regierungskoalition aus CDU und FDP verfügt aber nur über 56 Sitze. Die Grünen hatten im Vorfeld dieser Wahl mehrfach betont, daß ihre zehn Stimmen für Krollmann „stehen“ würden. Während Wallmann in dem sich anschließenden Blitzlichtgewitter fast unterging, schlich sich die SPD–Fraktion frustriert aus dem Plenarsaal. Wildeste Spekulationen über den Namen des roten U– Bootes machten die Runde. Mehrfach genannt wurde dabei Ex–Justizminister Herbert Günther, der zuvor bei der Wahl der Landtags– Vizepräsidenten beinahe durchgefallen wäre. Drei Wahlgänge waren notwendig, um den Sozialdemokraten mit schlappen 42 Stimmen - die SPD verfügt über 44 Sitze - in den Sessel zu hieven. Günthers Kandidatur verhinderte, daß die Kandidatin der Grünen, Irene Soltwedel, gleichfalls Vizepräsidentin des hessischen Landtags werden konnte, denn insgesamt waren nur vier Plätze zu vergeben, von denen zwei bereits für die Kandidaten von CDU und SPD reserviert waren. Den dritten Vizepräsidentensessel erklomm Erwin Lang (SPD), der zuvor von allen Fraktionen gewählt worden war. Trotz eines Appells von Chris Boppel (Grüne) an die Fraktion der SPD, doch aus demokratischer Verantwortung auf den zweiten Vizepräsidentensitz zu verzichten, hielt die SPD an der Kandidatur Günthers fest. Günther - so war halb spöttisch, halb ernst aus den Reihen der SPD zu hören - habe nämlich keinen Führerschein und brauche deshalb einen Dienstwagen. Bei der Kampfabstimmung zwischen Günther und Irene Soltwedel erhielt die Grüne im entscheidenden dritten Wahlgang zwölf Stimmen; CDU und FDP enthielten sich geschlossen der Stimme. Damit stand fest, daß zwei SPD–Abgeordnete für Soltwedel votiert hatten. Die SPD– Fraktion beantragte Sitzungsunterbrechung und berief eine Fraktionssitzung ein, um die ersten U– Boote des Tages orten zu können. Wie die sozialdemokratische Fraktion den zweiten Schlag bei der Ministerpräsidentenwahl verdauen wird, blieb gestern offen. Der Tag gehörte Wallmann, der sofort nach der Wahl vor dem Landtag seine Regierungserklärung abgab, die er bei Redaktionsschluß noch nicht beendet hatte. Motto: „Liberale Erneuerung für Hessen“
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