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ALKEM–Manager wehrt sich

■ Am zweiten Verhandlungstag im ALKEM–Prozeß beteuerte der beurlaubte ALKEM–Geschäftsführer und CDU–Abgeordnete Warrikoff seine Unschuld

Von Klaus–Peter Klingelschmitt

Hanau (taz) - Am zweiten Verhandlungstag im ALKEM–Pro zeß vor der Umweltstrafkammer des Hanauer Landgerichts erklärte der angeklagte Ex–Geschäftsführer der Plutoniumfabrik, Alexander Warrikoff (CDU–MdB), daß sich die ALKEM–Geschäftsführung „immer rechtmäßig“ verhalten habe. Er wies sämtliche Vorwürfe der Anklageschrift zurück. Für alle von der Staatsanwaltschaft monierten Änderungen an der Altanlage der ALKEM, so Warrikoff weiter, lägen „bestandskräftige Entscheidungen“ der zuständigen obersten Landesbehörde vor, die durch die zuständige oberste Bundesbehörde mehrfach bestätigt worden seien. In seiner Einlassung ging der Atommanager ausführlich auf die „Genehmigungshistorie“ ein. Die Plutoniumfabrik, so sein Fazit, arbeite auf der Grundlage einer ordentlichen Genehmigung nach Paragraph9 des alten Atomgesetzes. Denn solange eine Genehmigung nach dem 1975 novellierten Atomgesetz (Paragraph7) nicht erfolgt sei, würden für die ALKEM die seinerzeit erlassenen „Übergangsbestimmungen“ gelten. Die vorhandene Paragraph–9– Genehmigung nach dem alten Atomgesetz schließe wesentliche Änderungen an der genehmigten Fertigungsstätte ausdrücklich ein. Diese Änderungsgenehmigungen nach dem alten Paragraph9 seien von den zuständigen Behörden dann „Vorabzustimmungen“ genannt worden. Die zuständige Behörde, so der Angeklagte, habe mit diesen „Vorabzustimmungen“ durchaus gegeizt. So habe das hessische Wirtschaftsministerium Änderungswünsche nur dann anerkannt, wenn ohne eine solche Anerkennung der Betrieb ganz oder teilweise zum Erliegen gekommen wäre. Fortsetzung auf Seite 2 Warrikoff: „Das hat uns immer qualvolle Stunden bereitet.“ Die Auffassung der Staatsanwaltschaft, daß mit diesen Änderungen der Betrieb ausgeweitet worden sei, wies Warrikoff zurück. Die Staatsanwaltschaft habe die Zahlen für die in der Produktionsanlage der ALKEM durchgesetzten Spaltstoffmengen in der Anklageschrift nicht korrekt wiedergegeben. Damit sei unrichtigerweise der Eindruck entstanden, ALKEM habe in den Jahren 82 bis 84 die Produktion unzulässig erweitert. Warrikoff legte dem Gericht die angeblich „richtige Jahrestonnenbilanz“ der ALKEM vor und erläuterte an einem ALKEM–Modell im Gerichtssaal, daß die von der Staatsanwaltschaft monierten sechs wesentlichen Vorabzustimmungen zu keinen wesentlichen Veränderungen an der Produktionsanlage geführt hätten. Darüber hinaus wies der Angeklagte jede Verantwortung für den schleppenden Gang des laufenden § 7–Genehmigungsverfahrens zurück. Diese jetzt in das zwölfte Jahr gehende Verzögerung habe nur Nachteile für ALKEM gehabt. So sei die Plutoniumfabrik dadurch bei ihren Kunden und Auftragnehmern in eine schwere Glaubwürdigkeitskrise geraten. Den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, das Verfahren verschleppt zu haben, um damit die in § 7 geforderte Öffentlichkeitsbeteiligung zu umgehen, bezeichnete der Atommanager als absurd. Daß das Verfahren so lange gedauert habe, sei einzig und allein auf das „sorgfältige Arbeiten“ der Genehmigungsbehörde zurückzuführen. Der angeklagte Ministerialdirigent Frank meinte, durch die Anklagen von drei Beamten seien die atomrechtlichen Aufsichtsbehörden lahmgelegt worden. Vor den Einlassungen Warrikoffs war es zu einer Auseinandersetzung zwischen der Staatsanwaltschaft und den elf Anwälten der Angeklagten gekommen, weil Staatsanwalt Hübner ein die Angeklagten entlastendes Gutachten des hessischen Ex– Wirtschaftsministers Steger erst am zweiten Prozeßtag einbrachte. Als dann diesem von Hübner vorgelegten Gutachten, das die Vorabzustimmungen für rechtens erklärt, noch diverse anliegende Stellungnahmen und eine Seite fehlten, verlangten die Anwälte die komplette Vorlage des Gutachtens. Hübner bot den Verteidigern im Gegenzug die komplette NUKEM–Akte an, in die das Gutachten einsortiert worden war, da gegen Steger in Sachen NUKEM ermittelt wird. Hübner: „Ich spiele doch hier nicht den Laufburschen und hole ihnen jede Seite einzeln.“ Der Prozeß wird am Freitag fortgesetzt.

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