: „Peanuts“ im ALKEM–Prozeß
■ Am sechsten Verhandlungstag versuchte die Verteidigung erneut, den ALKEM–Prozeß zu verschleppen Lange Ausführung zur Vorabgenehmigungs–Praxis in Hessen / Zeuge aus dem BMI äußert Widersprüchliches
Von K.–P. Klingelschmitt
Hanau (taz) - Auch am sechsten Verhandlungstag im Hanauer ALKEM–Prozeß versuchte die Verteidigung, das Verfahren zu verschleppen. Rechtsanwalt Dr. Kunth, Verteidiger des angeklagten Ministerialdirigenten Ulrich Frank, wollte in einer knapp zweistündigen Einlassung dem Gericht „klarmachen“, daß die von der Staatsanwaltschaft monierten Vorabzustimmungen für die ALKEM weder nichtig noch rechtswidrig gewesen seien. Kunth berief sich dabei auch auf die Hanauer Staatsanwaltschaft, die am 25. Mai öffentlich erklärt habe, daß sie die von Hessens Umweltminister Weimar (CDU) erteilte Vorabgenehmigung für Brandschutzeinrichtungen bei der „Reaktor–Brennelemente–Union“ (RBU) nicht strafrechtlich verfolgen werde. Staatsanwalt Geschwinde erklärte dagegen, daß ein Ermittlungsverfahren gegen den Minister und gegen die Verantwortlichen der RBU eingeleitet wurde. Sichtlich erleichtert rief Richter Frese dann den Bonner Ministerialbeamten Feldmann, einen Ex–Mitarbeiter der Abteilung Reaktorsicherheit und Strahlenschutz im Innenministerium, in den Zeugenstand. Feldmann führte in Sachen Vorabgenehmigungen in Hessen aus, daß man zwar die von dem hessischen Ministerialbeamten Möller erarbeitete juristische Stellungnahme zum Thema gebilligt habe, daß er persönlich immer der Meinung gewesen sei, daß Vorabgenehmigungen nicht - wie von den Hessen praktiziert - auf dem Boden des neuen Atomgesetzes (§ 7) son dern auf der Grundlage des alten Atomgesetzes (§ 9) fußen müßten - immer unter Berücksichtigung der Übergangsbestimmungen. Doch die sechs Vorabzustimmungen, die jetzt Gegenstand des Prozesses sind, seien in Bonn immer als „Peanuts“ gewertet worden. Ins Schwimmen kam Feldmann, als ihm Richter Frese vorhielt, daß die angebliche Notwendigkeit der monierten Vorabzustimmungen zum Teil mit der drohenden Stillegung der ALKEM bei Nichtgenehmigung begründet worden sei. Daran konnte dieser sich nicht erinnern. Kein Atom–Ausschuß in Hessen Wiesbaden (dpa) - Der hessische Landtag wird keinen Untersuchungsausschuß zu den Hanauer Nuklearbetrieben einsetzen. Das Parlament hat während seiner Plenarsitzung am Mittwoch in Wiesbaden den Antrag der Grünen erwartungsgemäß abgelehnt. Siehe auch Hintergrund S.9
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen