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Radio Z - aus Verzweiflung gut ?

■ Bayerns erster nicht–kommerzieller Lokalsender soll am 2. Oktober auf Sendung gehen - täglich drei Stunden Alternativ–Programm - Finanzierung über Hörer–Abos und öffentliche Zuschüsse geplant - Wesentliche Programmteile sollen von HörerInnen erstellt werden

Aus Nürnberg Wolfgang Gast

Am Freitag, dem 2. Oktober soll es soweit sein: „Radio Z.“, bislang Bayerns einziges alternatives Radioprojekt soll im Großraum Nürnberg auf Sendung gehen. Die technischen Voraussetzungen dafür sind geschaffen, eine neue Frequenz wird am Freitag freigegeben, ein Sendestudio wurde im August eingerichtet und vier hauptamtliche Redakteure wurden eingestellt. Drei Stunden Programm täglich wollen die etwa vierzig aktiven Mitglieder des Projektes zwischen 17 und 20 Uhr senden. Die Frequenz (95,8 MHz) allerdings ist geteilt, von der Kabelgesellschaft wurden zwei weitere kommerzielle Anbieter der neu geschaffenen Welle zugeteilt. Täglich drei Stunden Gegenöffentlichkeit „Wider die Banalitäten und den trivialen Buntfunk“ heißt es in der Selbstdarstellung, täglich drei Stunden Gegenöffentlichkeit, gegen die Konkurrenz der öffentlich–rechtlichen und der privat– kommerziellen. Anspruch der MitarbeiterInnen ist es, ein aktu elles, unabhängiges, ein unzensiertes und dennoch hörbares Programm zu erstellen. Geschehen soll es durch die Einbindung der örtlichen Initiativen und Gruppen. Mit Beiträgen, die von ihnen erstellt und im Rahmen des täglichen Magazinblocks „Stoffwechsel“ gesendet werden, wird ihnen auf diese Weise ein direkter Zugang zum Medium Radio ermöglicht. Anschaulich wird der Anspruch, „Radio von Hörern für Hörer“ zu gestalten, in der Einrichtung von „festen Sendeplätzen“. Darin soll gesellschaftlich benachteiligten Gruppen die Möglichkeit gegeben werden, eigenständig und in eigener Regie Programmteile von Radio Z zu füllen. Berücksichtigt wurden bislang Schwulengruppen, Frauenprojekte, Jugendliche und Ausländerinitiativen. In eigenen Redaktionen, die letztlich nur der Mitgliederversammlung des Vereines gegenüber verantwortlich sind, senden sie zweiwöchentlich jeweils eine Stunde Programm. Im Gegensatz zu den meisten Modellen alternativer Radiosender steht Radio Z organisatorisch auf zwei Beinen. Für die Anschaf fung und den Unterhalt eines Sendestudios zeichnet eine „Radio Z Betreibergesellschaft“ verantwortlich, als Programmanbieter und Vertragspartner für die örtliche Kabelgesellschaft agiert jedoch ein Verein. Die Betreibergesellschaft vermietet das Studio an den Verein, im Gegenzug führt die Gesellschaft ihre Überschüsse an den Verein ab. Bereits im Dezember 1984 als Reaktion auf die Verabschiedung des Mediengesetzes gegründet, hat der Verein „R.A.D.I.O.“ (Rundfunk–Aktionsgemeinschaft demokratischer Initiativen und Organisationen) eine längere Geschichte. Im Auf und Ab der Entwicklung der bayerischen Medienlandschaft standen die Mitglieder schon zweimal kurz vor der Aufgabe. Den jetzigen Startversuch beschloß im März eine Mitgliederversammlung mit einem fast vollständig ausgetauschten Mitarbeiterstamm. Die Verfassung des Freistaates verbietet an sich das Betreiben privater und kommerzieller Rundfunksender, doch trickreich umging die Staatsregierung die Bestimmungen, um Verlegerinteressen auf zukünftige Er träge aus dem Rundfunkwerbemarkt Rechnung zu tragen. Die private Senderei wurde mit der Gründung einer „Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien“ einer quasi–öffentlich–rechtlichen Kontrolle unterworfen und der Einklang mit der bayerischen Verfassung behauptet. Kommerziellen Rundfunk im Großraum Nürnberg–Fürth–Erlangen gibt es seit dem 3. Dezember 1985. Hinter den Namen „Radio F“, „Gong“ und „Nürnberg 1“ firmieren die örtlichen Printmedien, von der Lokalpresse über die Sebaldusgruppe (“Gong“, „die aktuelle“) bis zum „Gelben Seiten“– Riesen, dem Hans Müller Verlag. Programmatisch unterscheiden sich die Kommerziellen nur geringfügig, allseits regiert das bekannte Strickmuster der Magazinsendungen und Gewinnspiele, mit denen die Zuhörerschaft bei Laune gehalten werden soll. Selbst „Radio F“, vom Verlag der Nürnberger Nachrichten und der Nürnberger Zeitung betrieben, als „aktuelle Pressewelle“ konzipiert und mit einem erheblichen redaktionellen Aufwand gestartet, hat auf das Niveau der seichten Unterhaltung eingeschwenkt. Lediglich sechs Prozent der Hörer honorierten das Konzept der Zeitungsmacher durch Einschaltquoten. Werbung - ein Tabuthema Werbung ist für den „alternativen, radikaldemokratischen und trotzdem legalisierten Sender“ (Vorstandsmitglied Wolfgang Kischka) derzeit kein Thema. Einerseits wird aus politischen Gründen auf Werbeeinnahmen verzichtet, zum anderen scheint das Werbeaufkommen in der Region bei weitem nicht groß genug, die insgesamt zehn regionalen Anbieter zu unterhalten. Die finanzielle Decke bei Radio Z ist daher dünn und der Betrieb des Senders nur bis Mitte des Frühjahres 1988 gesichert. Weiterreichende Finanzierungspläne erweisen sich im Augenblick als Absichtserklärung. Das Kapital zur Gründung der Betriebs–GmbH stellten überwiegend Projekte aus dem Großraum zur Verfügung, darunter Initiativen wie „Mütter gegen gegen Atomkraft“, das Nürnberger „KOMM“, das Erlanger Kommunkationszentrum „E–Werk“ und die Mitarbeiter des „Institutes für angewandte ökologische Studien“. Die Mitglieder des Vereins (etwa 360) zahlen in Form eines „Hörerabos“ jährlich Beiträge in Höhe von 60 DM. Eine kräftige Kapitalspritze kam von den bayerischen Grünen, die über ihren Öko–Fonds einen Zuschuß von 30.000 DM an das Projekt gewährten und deren Landesvorstand eine Bürgschaft in der gleichen Höhe übernahm. Für die zukünftige Finanzierung hoffen die MitarbeiterInnen auf eine Vervielfachung der Mitgliederbeiträge nach Sendebeginn und auf kommunale Zuschüsse. Die hauptamtlichen Redakteure schätzen die Situation realistisch ein: „dieses Radio wird unter Finanzierungsknappheit und Unter– Professionalisierung leiden. Das ist von uns politisch gewollt. Jedes kommerzialisierte Konzept von Radio Z würde die Motivation, politisches, alternatives und spannendes Radio zu machen, zunächst substantiell umstoßen.“ In anderen Worten haben sie ihre Probleme ironisiert, mit dem Motto: „Radio Z - aus Verzweiflung gut“.

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