: Schwefel–Geschwafel
■ Semantische Kapriolen in Buschhaus
Es gibt in der Luftreinhaltepolitik kein Gesetzes–, sondern ein Vollzugsdefizit. Es wimmelt an Vorschriften. Und an Inkompetenz der überforderten Genehmigungsbehörden. Vorgeführt wird dies gegenwärtig am Fall Buschhaus, wo die Schwefelgrenzwerte um das 20fache überschritten wurden, ohne daß die Landes– oder Bezirksregierung eingriff. Unterdessen gewinnt Buschhaus täglich an Unterhaltungswert. Nach der feinsinnigen Feststellung der Betreiberfirma BKB, daß eine Entschwefelungsanlage, die wegen Funktionsunfähigkeit nicht in Betrieb gegangen ist, auch nicht gegen die Grenzwerte verstoßen haben kann, wurde gestern der Versuch fortgesetzt, den Skandal semantisch zu bereinigen. Albrecht bog die stürmisch gefeierte skandalöse Inbetriebnahme der Entschwefelungsanlage, die schon damals ein Schrotthaufen war, zum bloßen Datum der „Fertigstellung“ um, und die BKB unterscheidet zwischen Erprobung, Probebetrieb und Inbetriebnahme. Der direkte Weg von der Entschwefelung zur Verschwafelung. Die Vorschriften werden solange geknetet, die Betriebszustände solange umdefiniert, bis am Ende nur noch Rosendüfte aus der Dreckschleuder strömen. Aber keine Angst: Der oberste Umweltschützer des Landes steht „in Kontakt“ mit der niedersächsischen Landesregierung. Statt massiver Intervention, wie sie die Bundesregierung 1984 bei der Inbetriebnahme vorexerzierte, um das heftig umstrittene Kraftwerk anzuknipsen, sieht Umweltminister Töpfer „keine Einwirkungsmöglichkeiten“. Daß die Bundesregierung den Betrieb mit Bundestagssondersitzungen und 300 Millionen Subvention durchgesetzt hat, vergißt er. Seine Devise: Alle reden von Buschhaus - wir nicht. Manfred Kriener
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