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Kurzer Prozeß gegen „Action directe“

Gestern wurde der Prozeß gegen 22 mutmaßliche Mitglieder der französischen Untergrundorganisation „Action directe“ eröffnet / In einem zweiwöchigen Verfahren Vorwurf der „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung“ verhandelt  ■ Aus Paris Georg Blume

Der Pariser Justizpalast gleicht seit gestern mittag einer Festung. Hier will die französische Justiz in den nächsten zwei Wochen mit ihren „Terroristen“ abrechnen. 22 mutmaßliche Mitglieder der französischen Untergrundorganisation „Action directe“ sind angeklagt. Zwei von ihnen wurden in Italien verhaftet, ein Angeklagter ist noch frei, die verbleibenden 19 aber erschienen gestern nachmittag mit zweistündiger Verspätung um 15 Uhr 30 vor der 14. Pariser Strafkammer. Unter ihnen die historischen Führer der „Action directe“ Jean-Marc Rouillan (35), Nathalie Menigon (30), Joelle Aubron (28) und Georges Cipriani (36), die – vor einem Jahr festgenommen – seit dem 1. Dezember jegliche Nahrungs- und Medikamentenaufnahme verweigern, um den Status von politischen Gefangenen zu erhalten, und nun sichtlich geschwächt vor Gericht auf treten. Zunächst war angenommen worden, sie würden wegen dieses Schwächezustandes bei den Verfahren nicht anwesend sein.

Diese vier und zwei weitere Angeklagte bekennen sich offen zur Mitgliedschaft in „Action Directe“. Jedoch nicht den Anführern gilt bei diesem Prozeß das Hauptinteresse.

Vor der Pariser Strafkammer werden nicht die einzelnen Attentate der Untergundorganisation verhandelt, wie etwa die Ermordung von Renault-Chef Besse im November 1986, sondern die Angeklagten stehen hier ausschließlich wegen ihrer mutmaßlichen Zugehörigkeit zu einer „kriminellen Vereinigung“ vor Gericht. Überfälle und Attentate müssen später vor einem Schwurgericht behandelt werden. Gerade deshalb verspricht der Prozeß Spannung: Es geht um das Funktionieren der Organisation im Untergrund, um Sympathisantenkreis und Arbeitsmethoden.

Dabei decken sich sehr wohl die Interessen von Staatsanwaltschaft und französischer Regierung, deren Wünsche dem Gericht nicht fremd sein dürften. Anders steht es um die Interessen der Angeklagten. Während die Führungsmitglieder, denen vor dem Schwurgericht die Höchststrafe sicher ist, das Urteil der Strafkammer gelassen erwarten können, haben die übrigen Angeklagten, deren Verbindungen zu „Action directe“ oft nur vage nachgewiesen sind, noch allen Grund, auf ihre Verteidigung zu hoffen. Vor der Strafkammer lautet die Höchstrafe zehn Jahre Freiheitsentzug. Die Verteidigung jedoch hat kein leichtes Spiel. Sie weiß auch um den psychologischen Druck, der auf ihren Mandanten in einem solchen Gruppenprozess lastet, in dem man sich nicht an die „Klassenjustiz“ verkaufen will. Ihre Strategie haben viele der Verteidiger noch nicht festgelegt. Die Staatsanwaltschaft hat diese Probleme nicht: Einige Monate vor der Präsidentschaftswahl braucht Regierungschef Jacques Chirac einen exemplarischen Schauprozeß.

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