: Rote Karte für AutofahrerInnen
■ Neues Park und Ride-Konzept: Ab Mitte August sollen Werder-Fans schnell und bequem mit Bussen zum Stadion gebracht werden / Werder Bremen will bis zu einer finanziellen Beteiligung ein Probejahr abwarten
Bremen, 13. August 1988, 14.30 Uhr: In zwei Stunden beginnt das Heimspiel des SV Werder gegen Bayer Leverkusen. AnwohnerInnen von 31 Straßen zwischen Stader- und Lüneburgerstraße, Osterdeich und Schwarzem Meer sperren mit Barrieren die Einfahrten zu ihren Wohngebieten
ab. In Bremen-Hemelingen beginnt derweil der Run auf die Busse der Bremer Straßenbahn AG. Fußballfans, die mit ihren Wagen aus Oldenburg und Aurich, aus Verden, Nienburg oder Achim kommen, parken im Bereich des Hemelinger Hafendamms. 1.000 Parkplätze stehen
dort bereit und an drei Haltestellen warten insgesamt 30 Busse, um die Stadion-BesucherInnen zum Osterdeich zu bringen. Mit Tempo geht es auf separat ausgewiesenen Spuren vorbei an den noch Uneinsichtigen, die in ihren Blechkarossen im Stau stehen.
17.15 Uhr: Das Spiel ist been
det. Die Zuschauer strömen zu den Bussen, die sofort starten. Die Autofahrer, die bis zu den Parkplätzen am Weserstadion gefahren sind, müssen mit der Heimfahrt warten, bis Busse und Fußgänger das Feld geräumt haben.
Zum dritten Heimspiel des SV Werder in der kommenden Bundesligasaison ist es soweit: Wenn alles klappt wie geplant, werden die Stadion-Anrainer, in deren Straßen bislang 3.000 Autofahrer einen Parkplatz suchten und ohne Berücksichtigung von Verbotsschildern auch fanden, nach jahrelangen Protesten von Abgasgestank und Motorenlärm verschont bleiben.
Damit das neue Verkehrskonzept von den Stadion-Besuchern auch angenommen wird, so Ortsamtsleiter Hucky Heck, soll bei den ersten beiden Werder Heimspielen „tüchtig getrommelt“ werden. Und zu eben diesem Zweck demonstrierten Heck, Innensenator Bernd Meyer, Beiratssprecherin Angelika Penski und Werder-Manager Willi Lemke gestern vor der Presse Zufriedenheit und Zuversicht, allerdings in verschiedenen Schattierungen. „Der Park+Ride-Verkehr steht im Wettbewerb mit den Parkplätzen am Weser Stadion“, meinte Meyer. Ein Wettbewerb, so hofft er, in dem die gegenüber den Autos schnelleren Busse gute Chancen haben. Voraussetzung: „Wir müssen das Thema in die Köpfe der Werder-Fans hineinbringen.“
Aber auch in den Köpfen der
Werder-Verantwortlichen wird sich noch einiges bewegen müsssen. Für Werder-Manager Willi Lemke zum Beispiel bleibt es oberste Zielsetzung, daß die Zuschauer bequem zum Stadion kommen. Das neue Konzept ist für ihn „ein Versuchsprojekt, daß wir ein Jahr beobachten wollen“. Dann will der Verein entscheiden, in welchem Umfang er sich an den Kosten von 12.000 Mark beteiligt, die der BSAG pro Heimspiel entstehen. Immerhin: „Wenn das angenommen wird, werden wir uns ohne wenn und aber zumindest anteilig daran beteiligen.“
Was für den Werder-Manager ein Versuch mit ungewissem Ausgang ist, ist für Beiratssprecherin Penski (SPD) nur der Ausgangspunkt für den Ausbau des ÖPNV und des Park+Ride -Systems. Mit den 3,3 Mio Mark, die im laufenden Haushalt zur Verfügung stünden, seien auch weitere Maßnahmen zu finanzieren. Auch zur Finanzierung des öffentlichen Fan -Verkehrs hatte sie gemäß Beiratsbeschluß konkrete Vorstellungen für die Zukunft: Werder solle mit einem 50 -Pfennig-Zuschlag auf die Eintrittskarte seinen Teil beitragen und zudem mit einem entsprechenden Aufdruck auf den Karten für die Busse werben.
Für die Absperrung der Anliegerstraßen werden jetzt Freiwillige gesucht, die den Wohnstraßenparkern im Konfliktfall die Abänderung des langjährigen Gewohnheitrechtes erklären können - auf die nette Art.
hbk
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