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Nachschlag gegen den Innensenator

■ CDU-Rechtsexperte: Gab Innensenator „vorsätzlich falsche Zahlen“? / Bremen-Statistik fehlen 23.000 Seelen / Borttscheller wußte nichts von Volkszählung in eigener Kanzlei

Der CDU-Rechtspolitiker Ralf Borttscheller nutzte gestern die Gelegenheit, noch einmal ganz ohne Risiko kräftig in die weit klaffende Rücktritts-Kerbe zu schlagen: „Was muß er alles tun, um zurückzutreten.“ Anlaß waren lange zurückliegende und auch bekannte Kritikpunkte an der Volkszählung, an die er mit überraschendem Fazit erinnerte:Bremen gingen bis zum Jahre 2000 ca. 1,2 Milliarden Mark aus dem Länderfinanzausgleich verloren.

Borttschellers Rechnung war ganz einfach: Mit den Heranziehungsbescheiden, die damals verschickt wurden, seien 13.378 Personen nicht erreicht worden. Die Dunkelziffer aufgrund der „pseudoliberalen Einstellung“ gegenüber Boykotteuren liege aber noch höher, 20.000 nicht gezählte in Bremen schiene ihm realisischer als 10.000, schätzte er.

Den Verdacht, der Innensenator Meyer habe „vorsätzlich falsche Zahlen“ genannt, zieht Borttscheller aus einem Zahlenvergleich: Der Bremer Innensenator hatte in einem Brief an den Bundesinnenminister am

20.5.1988 die Zahl von 699.358 Zählungspflichtigen genannt. Nur drei Monate später hat derselbe Innensenator in der Anwort auf die Kleine Anfrage der CDU die Zahl von 676.500 „Auskunftspflichtigen“ genannt. Borttscheller: „Lügen haben kurze Beine“.

Nachgefragt, wie die unterschiedlichen Zahlen sich ergeben haben, hatte Borttscheller nicht. Die Pressesprecherin des Innensenators hätte ihm die Differenz folgendermaßen erklärt: Im Mai 1988 wurde dem Innenminiser in Bonn die Zahl derjenigen genannt, die irgendwie in bremischen Melderegistern enthalten sind. Daß das mehr Namen sind als tatsächlich Personen in Bremen leben, war klar und einer der Gründe für die Volkszählung. Auf CDU-Anfrage habe man im August dann schon neue Zahlen liefern können. Es gebe diese 676.500 Auskunfspflichtige BremerInnen - so steht es wörtlich in der Behörden-Antwort - „nach Abzug der sich aus der Fortschreibung der Melderegister zwangsläufig ergebenden Überhöhung der Einwohnerzahlen“.

„Fortschreibung der Melderegister“ heißt aber nicht, so die Sprecherin des Innensenators, daß zwischen Mai und August die Melderegister ausgemistet wurden. Vielmehr sei die zweite Zahl die Summe der bei der Volkszählung festgesellten Personen, die naturgemäß niedriger liege als die Zahl der Melderegister-Namen. Auch durch die Heranziehungsbescheide erreichte Boykotteure seien per „Ersatzvornahme“ mitgezählt. Borttscheller selber kann nicht ausschließen, daß seine Anwaltskanzlei zu den unfreiwilligen „weichen“ Boykotteuren gehört. Erst nach Pressemeldungen über die noch mit Zwangsgeld-Androhungen laufende Arbeitsstättenzählung hat er sich in der eigenen Kanzlei erkundigt. Borttscheller auf taz -Nachfrage: „Ich wußte nie, daß wir so ein Ding bekommen haben.“ Seine Mitarbeiterinnen hätten ihm erklärt, der Bogen sei schon zurückgeschickt worden. Auf die Frage, ob er denn sicher sei, daß da keine falschen Angaben gemacht worden seien, erklärte der CDU-Rechts-Experte: „Das weiß ich nicht.“

K.W.

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