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Im Vollrausch des Sieges

■ Fernsehen wieder olympiafrei

Wenn Olympia vorbei ist, wird uns wieder das Nachtfernsehn vorenthalten - das finde ich viel schlimmer als die ganze Ausbeutung der Dritten Welt!, tönt es vollmundig und erhitzt aus Ex-Hilfsredakteur Helmut Höge; dem sonst so bedächtigen Mann in den besten Jahren, der als Graue Eminenz des taz-Fußballteams äußerst gefällig die Keulen zu schwingen weiß, als Graf Porno die Benno-Martiny-Medaille für sauberen Journalismus in Bronze errang und als Nachbar im Verein mit Frau Vogel weit über dem Durchschnitt liegende Gastgeberqualitäten aufzuweisen hat, flackert's wie irr und wirr aus den Augen. Nein, Herr Höge! Und wenn Sie noch so schneidig, so pseudoprovokativ, so quasikritisch in der Gegend herumformulieren, nein, ihre zynische, gleichsam negerverachtende These müßen wir auf das schärfste zurückweisen. Leider.

Getreu dem Kategorischen Imperativ „So etwas da ist, so gucke es weg!“ lagen wir medienkritischen Menschen Nacht für Nacht unterm aufgespannten Schirm und ertrugen in Demut: harmlosere Dummklumpen wie W.Esser, der redet redet redet, geistverlassen, so wie es eben herumpaukt zwischen seinen Ohren, aber auch schon ins Gemeingefährliche lappende Schleimbeutelentzündungen wie B.Heller (Im Winter kommen die Finnen aus ihren Wäldern herausgekrochen, bringen ihre Speere mit und holen sich Gold), diesen seit Jahren schon zur Führungsmannschaft der allerintolerabelsten TV-Kameraden zählenden Mehrleisten!-Hechler, der uns mit jedem seiner Imponier- und Nullsätze nur immer wieder dieses mitteilt: daß er eigentlich Schweinchen Oberschlau heiße und in Amerika alles noch besser sei.

Dazu die namen- und gesichtslose Mischpoke aus wie lendengekitzelt aufächzenden Doitschlant!-Jaulern und dem in Seoul zur Notschlachtung freigegebenen Bayer- und Schering-Zuchtmaterial; die selbsternannte Patriotische Front, die Mümm- und Stammler, die Achgottistdasschön! Ist das schön-Lall- und Quallriege vollkretinisierter, chronisch begeisterter berufsmäßiger Dumm- und Hohlschwätzer, die Nationalonanisten, die Blutundehre -Fahneneidler mit dem einen Ziel: Ab ein Uhr früh wird vom deutschen Fernsehschirm zurückgeschossen. Immer wieder erstaunte man, wieviel sich an sich selbst entzündende Stupidität in einen einzigen Menschen doch hineinpaßt; man sieht den Fechter Arnd Schmitt, einen Bundeswehr-Simpel, Mörder-Lehrling, Killer-Azubi, der für Deutschland hiebt und sticht, von keinem Verstand behindert und von keiner Ahnung, daß sich der historisch bisher einzig adäquate Platz für glühende Patrioten in einer Challenger-Rakete befindet, Sitzplätze nicht erforderlich, die zwei Minuten kann man auch stehen.

Allein von Jürgen Hingsen, dem Helmut Kohl der Leichtathletik, schimmerte etwas ab, was die Seniorenriege der taz um M.T.Mehr und K.Hartung so gerne als Meinungsführer- und Hoffnungsträgerschaft bezeichnet: Derart glanzlos, dergestalt dumm wie das Brot, ist Hingsen ein angemessener, ja würdiger Vertreter eines Volkes, das, von der ohnehinnigen moralischen Verpflichtung auszusterben einmal abgesehen, tatsächlich das unbeweglichste, mental sackartigste auf dem durch den Kosmos eiernden Dummdummgeschoß Erde zu sein scheint; eine Einsicht, die durch den üblichen Verlogenheits- und Kosmetik -Beitrag des Tuguttemplers R. von Weizsäcker zum Thema Doping - der Silbrige sonorte zäh von Fair Play ... sauber ... Reinigungprozeß ... wir Deutschen bei aller Bescheidenheit ... usw. - nur bestätigt wird.

Natürlich ist das alles jetzt nicht vorbei, aber immerhin gibt es keine Olympia-Studios, kein Sieg-Geil-Gebrüll, keine Unseren mehr, kein hurra-bramarbasierendes Halb-, sondern eben lieber wieder das ganz reguläre, ja irgendwie reellere Vollidiotentum, das heillose Gewurschtel, die Flachkraftversammlungen und das TV als täglichen Propagandakomplizen täglichen staatlichen Verbrechens, als Teil des Systems mit klar definierten Aufgaben, wie Verschweigen, Verfälschen, Aufblähen; obendrauf die onanistisch in sich hineingrinsende Kohl-Glommse, Fat Brother is watching you usw., die ganze Scheiße eben, volles Rohr, worum sich dann wieder Ernsttümler wie N.Postman kümmern mögen, die Tränenrucksäcke schön huckepack, und wir kriegen die Bonbons, wie die Meldung, F.J.Strauß habe bei einem Jagdausflug einen Herzanfall erlitten Jagdausflug: geht in Ordnung, Anfall: sowieso, aber: welches Herz?

wiglaf droste

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