: BRD als Transitland für Schweres Wasser
Firma Hempel transportiert Schweres Wasser per Lkw nach Basel / Untersuchungsausschuß muß sich mit dubiosen Hempel-Geschäften befassen ■ Von Thomas Scheuer
Bonn (taz) - Die Bundesrepublik ist doch von den illegalen Geschäften des Düsseldorfer Kaufmanns Alfred Hempel im weltweiten Atomschwarzmarkt direkt betroffen. Entgegen den bisherigen Behauptungen der Bundesregierung haben norwegische Fahnder nachgewiesen, daß eine von Hempel in der Sowjetunion georderte Ladung Schweres Wasser (eine wesentliche Komponente, um aus Natururan Plutonium zu produzieren) per Lkw durch die Bundesrepublik nach Basel transportiert wurde.
Bisher hatte die zuständige Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Hempel immer abgelehnt. Sie argumentierte, daß die möglicherweise illegalen Aktivitäten über Firmen im Ausland abgewickelt worden seien und dubioses Material wie beispielsweise Schweres Wasser den Boden der Bundesrepublik nie berührt hätte. Erst in einem solchen Fall aber hätte sie aktiv werden können.
Hempel, dessen Stammfirma in Düsseldorf residiert, hat wie die taz bereits mehrfach berichtete - unter geschickter Umgehung des Atomwaffensperrvertrags über Jahre Länder wie Indien, Pakistan, Argentinien, Südafrika und wahrscheinlich auch Israel mit Schwerem Wasser versorgt und damit dazu beigetragen, daß diese Staaten Plutonium produzieren konnten. Bis heute ist unklar, warum die Bundesregierung trotz mehrfacher Interventionen der US-Regierung noch nicht einmal den Versuch unternommen hat, gegen Hempel vorzugehen. Dieser Frage kann nun der Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages zum Atomskandal weiter nachgehen.
Das Oberverwaltungsgericht Münster wies gestern den Einspruch des Hempel-Geschäftsführers Helmut Swyen gegen seine Vorladung vor dem Untersuchungsausschuß zurück. In der schriftlichen Begründung heißt es, daß die Behandlung der Themenkomplexe Schwerwasser-Transfers und Hempel-Geschäfte vom Mandat des Ausschusses voll abgedeckt sind. Ungewollt widerlegt das Gericht in seiner Würdigung des Swyen -Einspruchs just jene Argumente, mit denen die CDU-FDP -Mehrheit im Ausschuß derzeit versucht - quasi nach dem Motto „zurück zu den Schmiergeldern“ - die Untersuchungen auf die Transnuklear-Affäre einzugrenzen. Demgegenüber stellt das OVG klar, daß „dem Arbeitstitel des Ausschusses 'Transnuklear‘ offensichtlich keine Eingrenzung des Untersu
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chungsauftrages entnommen werden kann.“ Damit ist dem Bemühen der Koalitionsmehrheit, eine weitere Durchleuchtung der Hempel-Umtriebe durch den Ausschuß zu verhindern, zumindest formaljuristisch der Boden entzogen.
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