: Grüne Krise eskaliert Bundesvorstand abgewählt
Fundamentalistischer Bundesvorstand bei Bundesversammlung zum Rücktritt gezwungen / Neuwahl Anfang 1989 / Kandidaten für Europawahl bestimmt ■ Aus Karlsruhe Thomas Scheuer
Eine schwere Schlappe mußte die als fundamentalistisch bezeichnete Strömung innerhalb der Grünen auf deren Europa -Parteitag in Karlsruhe einstecken: Nachdem der von ihnen dominierte Bundesvorstand in der Nacht zum Samstag nach einer bissigen Debatte über den parteieigenen Finanzskandal und einem Mißtrauensvotum der Deligierten den Rücktritt erklärt hatte, ließ die Mehrheit der Delegierten die Fundis auch mit dem Versuch abblitzen, den Parteitag abzubrechen und die Europa-Debatte zu vertagen. Einen neuen BuVo wollen die Grünen auf einem Parteitag anfang 1989 wählen. Erst dann wird sich zeigen, ob in Karlsruhe der vielzitierte „Durchmarsch der Realos“ eingeläutet wurde. Die Konsequenzen des BuVo-Sturzes für die zukünftige Politik von Radikalökologen und Ökosozialisten in der Partei wollen diese im Januar auf einer eigenen Konferenz klären.
Während Otto Schily und Antje Vollmer einen „Sieg für die ganze Partei“ proklamierten, erklärte Christian Schmidt im Namen der Fundis, die Realos und die Gruppe „Aufbruch 88“ wollten mit der Ausgrenzung der Fundis die Grünen „unbegrenzt koalitionsfähig machen“ und in das herrschende System intergrieren. Zwar hatte Schmidt angekündigt, die „Linke“ könne nicht einfach zur Tagesordnung übergehen und stünde daher für die Europa-Debatte - deren Vertagung die Fundis zuvor vergeblich beantragt hatten - nicht mehr zu Verfügung. Trotzdem beteiligten sich einige Fundis sowohl an der Wahlprogramm-Debatte als auch am Kandidatenkarussell. Als Spitzenkandidaten für die Europawahl bestimmten die Deligierten den heimatlosen Roma Rudolf I.Kawczynski. Eine symbolische Kandidatur, da er aus wahlrechtlichen Gründen kein Parlamentsmandat antreten kann. Auf den Plätzen 2 bis 5 werden erneut die Ex-Euroabgeordneten Dorothee Piermont und Friedrich Wilhelm Gräfe zu Baringdorf sowie neu Claudia Roth und Karl Partsch kandidieren. Tagesthema auf Seite 3
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