: Unfaire „Fairplay-Kampagne“
■ Der Großkonzern IBM stürzt sich mit neuer Werbestrategie auf Breitensportler
Es ist zum Schreien. Da fährt ein Riesenkonzern jährlich Milliardenumsätze ein, preßt dabei die Malocher nach Strich und Faden aus, steckt jeden Gewinn ein, der in der Konkurrenz nur irgendwie zu haben ist. Trotzdem gilt er landauf landab als lieber Arbeitgeber („wir IBMler“) und neuerdings auch als barmherziger Samariter des Sports. IBM einer dieser transnationalen Superkonzerne, die locker über Kapitalsummen verfügen, die manchen Staatshaushalt blaß aussehen lassen. Klar, daß da einiges für PR-Arbeit übrigbleibt. (Wozu gibt es denn schließlich Abschreibungsgesellschaften?) Man ist ja kein böser Kapitalistenverein, nein, wir sind ja alle liebe Großaktionäre. IBM macht auf Sportsponsor und schießt das Geld in den Deutschen Leichtathletik Verband. Nur nebenbei, ganz klein wird hier und da auch mal der Name des Geldgebers genannt. Nein, der Riese hat die kleinkariert-aggressive Werbung nicht nötig. IBM: Monarch und Gönner.
Am Samstag begab sich der Abgesandte des Mäzenatenvereins, Dr.Joachim Dickow (IBM Deutschland, Abteilung Berlin), in die Rudolf-Harbig-Leichtathletikhalle am Olympiastadion. Dort begutachtete er junge Sportler, die für Geldprämien beim IBM Sprint-Cup um die Wette liefen und sprangen. Unterteilt in Alters-, Geschlechts- und Leistungsgruppen durften die jungen Athleten für 500 bis 150 Mark hetzen und hoppeln.
„Diese Veranstaltung, wie auch andere, die uns mit dem Deutschen Sport verbinden, sind Good-Will-Aktionen. Wir werben hier nicht viel, weil die jungen Menschen unbeschwert sein sollen. Vor allem muß es Stil haben“, meinte der Konzernvertreter. Und noch eins wollte er betont wissen. IBM sei eine Firma, die sich dem Fair play in Sport, Wirtschaft und Gesellschaft verschrieben hat. Die Hallenveranstaltung sei auch im Rahmen der Aktion „Fair geht vor“ zu verstehen. Diese „Initiative des deutschen Sports mit Unterstützung der IBM Deutschland“ wirbt in Plakaten und Anzeigen seit Juni 1988 für den Wettbewerb. Die Konkurrenz steht unter dem Motto „hart, aber fair“. So kämpften sie, die Sportler beim „10er Sprunglauf aus dem Stand“ oder beim „5er Hop einbeinig“. Aber sie hätten sich auch durch die Halle robben oder vom Dach springen können: Hauptsache fair.
Nun ist der Fairneß-Apell natürlich pure Ideologie, denn jeder halbwegs aufgeklärte Geist weiß, daß IBM nur eines will und kann: Erfolg in der Konkurrenz oder genauer: absahnen wo und wie es nur eben geht - sonst droht als Strafe der Untergang, der Aufkauf durch die Konkurrenz.
Oder ist der Kapitalismus neuerdings eine Veranstaltung der Heilsarmee? Hans-Olaf Henkel aber wäre nicht Vorsitzender der Geschäftsführung der IBM Deutschland, wenn er genau das nicht erzählen würde. Ob er es glaubt, ist eine andere Frage: „Diese Kampagne gibt die Chance, daß man uns als IBM so sieht, wie wir sind: fair zu unseren Kunden, unseren Lieferanten, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.“ Kein Wort, was das eigentlich sein soll: Fairneß. Ist es daß, wenn man den Angestellten genug gibt für Auto, Kühlschrank und Einbauküche? Oder tariflich festgelegte Schufterei? Henkel schweigt dazu und sagt stattdessen: „Fairneß und Erfolg, Leistungswettbewerb und gegenseitige Rücksichtnahme sind keine notwendigen Gegensätze. Dies ist die leitende Idee der Fair play-Kampagne.“ Ach lieber Henkel! Als ob IBM nicht jeden Tag gezwungenermaßen (notwendig) die anderen aus der Konkurrenz hauen müßte, um im Geschäft zu bleiben. Ach Henkel - ihr zahlt die Prämien und alles springt. Und niemand merkt es. Auch die Sportler in der Harbig-Halle nicht. Leider.
Joop Springer
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