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Täter mit Staatspension

Die mutmaßliche Mordwaffe als Geisel im VS-Safe  ■ K O M M E N T A R

Im Laufe der nunmehr fünfzehnjährigen Skandale und Legenden um den Mordfall Schmücker ist Vorsicht angesagt vor definitiven Aussagen und neuen Deutungen. Doch wenn wahr ist, was archäologische Aufräumarbeiten gestern aus dem Schlamm des Verfassungsschutzes zutage befördert haben, dann wird eine unglaubliche Version immer wahrscheinlicher: Über fünfzehn Jahre hinweg hat die Waffe, mit der im Juni 1974 der Student Ulrich Schmücker ermordet wurde, gut gehütet im Safe der unheimlichen Behörde an der Clayallee gelegen. Beinah noch warm vom Pulverdampf ist sie nur wenige Stunden nach der Tat dem Verfassungsschutz übergeben worden.

Als ginge es nicht um ein Kapitalverbrechen, ließ der Verfassungsschutz für mehr als zehn Millionen Mark drei Gerichtsinstanzen sich am Mordfall Schmücker die Zähne ausbeißen. Generationen von Verfassungsschützern, der Rechtsstaatlichkeit verpflichteten Staatsdienern haben über das corpus delicti in ihrem Safe geschwiegen, wohlwissend, daß die Unterschlagung von Beweismitteln eine schwerwiegende Straftat ist. Ganze Garden von mehrheitlich sozialdemokratischen Innensenatoren hüteten das Geheimnis und wurden - ob gewollt oder ungewollt - zu amtlichen Mitwissern eines Verbrechens.

All die Ulrichs, Neubauers und Kewenigs samt ihren Untergebenen dafür politisch und juristisch zur Verantwortung zu ziehen, ist ein absolutes Muß, wenn wirklich aufgeräumt werden soll. Abgründe tun sich auf, wenn man weitere Fragen stellt: Was zum Beispiel hat den Verfassungsschutz bewogen, die hochbrisante Waffe dem Gericht auch nicht einmal auf Umwegen zukommen zu lassen? Was aber auch hat die „Herren des Morgengrauens“ gehindert, das rostige Ding einfach im Grunewaldsee zu versenken? Mit welchem Interesse wurde die vermeintliche Tatwaffe über Jahre gehütet wie eine Geisel, für die man bei einem Jemand Informationen heraus- oder aber Stillschweigen hineinpressen könnte? Warum auch wurde dieses Pfand noch bis vor Wochen von höchster Stelle aus gehütet wie ein Gral? All diese Fragen lassen nur eine, lang gehegte Vermutung zu: Das Landesamt hat in der Affäre Schmücker seine Hände selber so tief im Dreck gehabt, daß die Reste davon noch heute, wo die meisten Verantwortlichen längst von der Bühne abgetreten sind, häßlich unter den Fingernägeln kleben.

Vera Gaserow

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