: Frequenz-Gerangel
■ Heute tritt der Kabelrat zusammen, um 18 Stunden Sendezeit neu zu besetzen / 15 Bewerber streiten sich um die Frequenz 103,4 Mhz
18 Stunden Sendezeit sind zu vergeben, wenn sich heute der Kabelrat trifft, um die durch die Aufgabe des Privatsenders „Hit 103“ teilweise freigewordene Frequenz neu zu besetzen. Von den 15 Bewerbern, die sich um die Frequenz streiten, sind zwei bereits namentlich bekannt: Radio 100, das bereits jetzt auf selbiger Welle von 17 bis 23 Uhr sendet, und die Firma Comfactory, ein Zusammenschluß von 17 Unternehmen aus der Werbe- und Kommunikationsbranche.
Sehr optimistisch war gestern die Stimmung bei Radio 100. Es gebe „keine Bedenken, daß wir das schaffen“, so Radio 100 -Sprecherin Anette Schäfer. Auf den Sprung vom Sieben -Stunden- zum Rund-um-die-Uhr-Programm haben sich die links -alternativen Radiomacher gründlich vorbereitet. Das neue Konzept, so Anette Schäfer, stehe auf zwei Eckpfeilern, einer neuen Musikfarbe und einem umfangreichen Nachrichtenangebot. Musikalisch soll das Spektrum bei Radio 100 künftig breiter werden. Schäfer: „Indie-Label sind kein Dogma mehr.“ Das Abendprogramm soll schon um 16 Uhr beginnen. „17 Uhr war ja ein total künstlicher Sendebeginn.“ Für nachmittags ist ein Programm von und für Schüler vorgesehen, und nachts soll das Radio zum „Abenteuerspielplatz“ für kreative Amateure werden. Daneben wird es noch mehr Sendungen für ausländische Berliner geben, so ein polnisches Programm. Finanziert werden soll das Ganze durch Kredite und Nachschußzahlungen der Gesellschafter in Höhe von 500.000 Mark sowie durch höhere Werbeeinnahmen. „Wir rechnen mit einer Verdoppelung“, so Schäfer. Zur Zeit entsprächen die Werbeeinahmen in Höhe von 45.000 Mark in etwa den Ausgaben von Radio 100. Nach der Sendezeiterweiterung sollen auch zehn feste Stellen geschaffen werden.
Keine Berührungsängste mit den alternativen Radiomachern hat Lutz Albrecht Grzegoritza von der Firma Comfactory, der ein „linksliberales“ Radio machen will. „Es wird keine großen Brüche zu Radio 100 geben“, erklärt Grzegoritza. „Wir werden zum Beispiel keine Nationalhymne spielen.“ Auf keinen Fall werde sein Programm „ein zweiter Schamoni-Sender“. Ihm schwebt ein Radio vor „wie in New York, Los Angeles oder in der Karibik“, ein „aktueller, schneller Sender“. Zielgruppe seien die 30- bis 40jährigen, wobei ihm die sogenannten Jung - und Turnschuhunternehmer besonders am Herzen liegen. Für sie wird es Beiträge und Tips aus dem Wirtschaftsleben geben. Anders als bei den Selfmade-Funker von Radio 100 soll der Comfactory-Sender von Profis aufgebaut werden. Nach eigenen Angaben verfügt Grzegoritza über ein Kapital von 5 Millionen Mark.
-guth (Siehe Interview auf Seite 24)
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