piwik no script img

„Dreißig Mann von uns mit Knüppeln“

■ Who ist who bei Norddeutschlands Rechtsradikalen / Handfeste Tatsachen aus der Nazi-Szene von Oldenburg und Ostfriesland

„Terror in Emden“ titelte die Parteizeitung der „Republikaner“, nachdem am 17. April in der ostfriesischen Seehafenstadt eine Versammlung der Schönhuber-Truppe in Rufen und Pfeifkonzerten erstickt worden war. Gegendemonstranten wurden von REP-Anhängern als „rote Terroristen“ beschimpft, Polizisten wegen ihrer angeblichen Willfährigkeit gegenüber dem „Baader-Meinhof-Gesindel“ attackiert.

Doch daß Terror in erster Linie im rechtsextremen Lager der „Republikaner“, der NPD, der „Deutschen Volks-Union“ (DVU) und ähnlich gestrickter Kräfte beheimatet ist, beweisen die Fakten - auch die aus Ostfriesland und Oldenburg.

Nehmen wir zum Beispiel das REP-Treffen in Emden. Als Veranstaltungsleiter stellte sich der stellvertretende niedersächsische Landesvorsitzende Hans Dieter Haar aus Oldenburg vor. Der Sohn eines ehemaligen Angehörigen der SS -„Leibstandarte Adolf Hitler“ und Pflegestellenleiters des NPD-nahen „Deutschen Kulturwerkes europäischen Geistes“ zählte 1974 zu den Mitbegründern des „Deutschen Jugendbundes“ (DJB).

Seine Kollegen in der DJB-Bundesführung waren unter anderem Bundesfahrtenführer Hermann Mietz, später der Chef der Wehrsportübungen abhaltenden

„Nationalen Jugend Ostfrieslands“ (NJO), und Bundesschatzmeister Riemit Reelfs, ab 1964 Jugendreferent der militanten „Wiking-Jugend“ und seit 1969 Mitglied im Ältestenrat des NPD-abhängigen „Bundes Heimattreuer Jugend“. 1975 wurde die DJB-Leitung durch Bundesschriftwart Thomas Lange komplettiert. Der beteiligte sich zwei Jahre später am Aufbau der „Ak

tionsfront Nationaler Sozialisten“ (ANS) des Neonazi-Gurus Michael Kühnen. 1977 löste sich der DJB nach eigenen Angaben auf. Seine Mitglieder sollen sich auf die „Wiking-Jugend“ und den „Bund Heimattreuer Jugend“ verteilt haben.

Joachim Apel organisierte während der Blütezeit der NJO von 1977 bis 1984 regelmäßig Kriegsspiele auf dem Hof des am

tierenden ostfriesischen NPD-Kreisvorsitzenden Habert Scharrel de Wiljes. Übungsleiter: Hermann Mietz, der heute vor allem damit beschäftigt ist, mit Hilfe der rechtsextremen Theorie-Zeitschrift „Nation Europa“ ein Archiv zur Geschichte deutscher Kolonien aufzubauen.

In einer Dokumentation der Antifaschistischen Initiative Emden und der Grünen aus dem Jahre

1985 werden Joachim Apel krumme Rauschgift- und Waffengeschäfte angekreidet. Manche Anhaltspunkte deuten darauf hin, daß er für den niedersächsischen Verfasssungsschutz tätig war. Sie führten im November 1984 zu einer Parlamentsanfrage der Grünen im Landtag. Volker Benke, Sprecher des Innenministeriums, hatte sich seinerzeit gegenüber einer in Hannover erscheinenden Tageszeitung offensichtlich verplappert: „Natürlich ist Joachim Apel ein V-Mann.“ Später ging Benke zu sich selbst auf Distanz.

Auf Ostfrieslands Antifaschisten sind die DVU des National -Zeitungs-Imperators Gerhard Frey und ihr Partner NPD extrem schlecht zu sprechen. Nach heftigen Protesten einer breiten Öffentlichkeit verzichtete die Druckerei Rautenberg in Leer auf Aufträge von seiten der DVU. Zuletzt hatte die Firma bundesweit vertriebene Wahlkampfsendungen für mehrere Millionen Mark hergestellt.

Einer der auffälligsten „Nationaldemokraten“ im Nordwesten ist Hartmut Heger. Heger war früher Schriftführer der NPD Jever und Mitinitiator des „Nationaldemokratischen Schülerbundes“ sowie der „Wilhelmshavener Liste für Ausländerstopp“. Mit der NJO und der „SS-Kommando-WHV„ -Wehrsportgruppe arbeitete er freundschaft

lich zusammen. Sein größster politischer Erfolg dürfte allerdings das Zustandebringen des „Konservativen Kulturkreises“ (KKK) gewesen sein. In diesem Bündnis fanden sich zahlreiche Mitglieder der NPD, des „Stahlhelm“, der Jungen Union und der CDU, unter ihnen der Wilhelmshavener CDU-Stadtrat und „Stahlhelm„-Ehrenlandesführer Wilhelm Schrader.

Am 15. Juni platzte die zentrale DVU-NPD -Wahlkampfkundgebung in Emden. 1.000 Menschen blockierten das Veranstaltungsgebäude über mehrere Stunden hinweg. Die Anregung zu der Kundgebung war hauptsächlich von der NPD Oldenburg/Ammerland ausgegangen, einem der schwungvollsten Kreisverbände der gesamten Partei.

Das läßt sich auch daran ablesen, daß zwei Oldenburger in der NPD-Bundesspitze ihren Einfluß geltend machen. Die Kreisvorsitzende Heide Leingang, im Landesvorstand Leiterin des Referates „Frauen- und Familienpolitik“, gehört dem Bundesvorstand an. Der Oldenburger Ulrich Eigenfeld ist gar Mitglied des NPD-Präsidiums und fungiert dort als Schatzmeister. Nachdem er als einer von wenigen Rechtsextremisten mit Berufsverbot bedacht worden war, wurde er von der NPD als Direktor der Schulungsstätte angestellt. Thomas Klau

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen