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Schreibliches Weiben

■ „Trobadora und Kassandra“ - Neues Buch einer Bremer Autorin über „Weibliches Schreiben in der DDR“

Weibliches Schreiben, schreibliches Weiben? Hier stock‘ ich schon. Keine Bauchscherze! Die Begrifflichkeit „Weibliches Schreiben“ geht mit Bauchschmerzen einher. Mit: Schreiben kann jede, mit authentischgefühlig, mit anders, irgendwie, mit

Svende Merian. Mit Vorurteilen. Die Frage, ob es weibliches Schreiben gibt, hat Christa Wolf so beantwortet: „Insoweit Frauen aus historischen und biologischen Gründen eine andere Wirklichkeit erleben als Männer (...) und dies ausdrücken. Insoweit Frauen nicht

zu den Herrschenden, sondern zu den Beherrschten gehören, (...) zu den Objekten der Objekte (...), insoweit sie aufhören, sich an dem Versuch abzuarbeiten, sich in die herrschenden Wahnsysteme zu integrieren. Insoweit sie, schreibend und lebend, auf Autonomie aus

sind.“ Das Zitat stammt aus dem neuen Buch von der Bremer Journalistin/Autorin Dorothee Schmitz-Köster: „Trobadora und Kassandra“, Untertitel „Weibliches Schreiben in der DDR“. Eine Bestandsaufnahme von vier Generationen DDR -Schriftstellerinnen, „rechtzeitig“.

Zur weiblichen Buchvorstellung in der Heinrich-Vogeler -Buchhandlung sind auch zwei Männer gekommen, von denen einer die Sinnfrage stellen wird. Die Hälfte der etwa 15 Frauen kennt sich und das weibliche Schreiben gut, es ist diese intime-Zirkel-Atmosphäre, wo der Magen immer peinlichgenau in die Umblätterpausen knurrt. Zunächst liest eine Freundin der heiseren Autorin ausgewählte Passagen. Aber weil es sich doch eher um ein literaturwissenschaftliches Sachbuch handelt, und weil die Freundin eher verhalten vorträgt, das aber über eine lange Stunde lang, fragt jener Mann

schon mal zwischendurch, ob er jetzt schon mal fragen kann, was eigentlich weibliches Schreiben sei? Später, später. Die Frauen warten wieder geduldiger. Werden vor lauter Fakten Frauenalltag in der DDR auf knapp drei Seiten, literarische Entwicklungstendenzen auf zweieinhalb, Hörbuch Sachbuch nur mir die Ohren schwer?

Endlich Diskussion: Reflektieren die DDR-Autorinnen die schreibende BRD-Frauenbewegung? Ist assoziatives Schreiben diskreditierend? Wie weiblich schreiben DDR-Autorinnen? Wie steht's mit der Unterhaltung? Wie mit dem Ewigkeitswert? Resultat: In der DDR beginnt zaghaftes „Schreiben in der ersten Person“. „Das wird jetzt spannend“, findet eine. Claudia Kohlhas

D.Schmitz-Köster: „Trobadora und Kassandra und ... Weibliches Schreiben in der DDR“ , Pahl-Rugenstein, „Kleine (!) Bibliothek Frauen“, DM 16.80

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