: Happy-End einer Flüchtlingsodyssee
Vor über einem Jahr schob die britische Regierung den singhalesischen Asylbewerber Viraj Mendis gewaltsam nach Sri Lanka ab / Internationale Proteste waren vergeblich / Nach monatelangem Behördenkrieg fand der 33jährige jetzt legalen Aufenthalt in Bremen ■ Von Vera Gaserow
Berlin (taz) - Eine jahrelange, aufsehenerregende Flüchtlingsodyssee hat jetzt auf dem Frankfurter Flughafen ein glückliches Ende gefunden. Am Dienstag früh landete der vor einem Jahr nach Sri Lanka abgeschobene 33jährige singhalesische Asylbewerber Viraj Mendis auf bundesrepublikanischem Boden und wird nun mit Genehmigung der obersten deutschen Behörden in der Hansestadt Bremen völlig legal leben dürfen.
Das Schicksal des jungen Studenten, in das mehrere europäische Länder verwickelt sind, hatte vor über einem Jahr international für Proteste von Asylgruppen, Bischöfen und Kirchengemeinden gesorgt. Mendis war 1973 als Student nach Großbritannien gekommen. Nach Ablauf seiner Aufenthaltsgenehmigung flüchtete er 1986 aus Angst vor einer drohenden Abschiebung in die anglikanische Kirche seiner Heimatgemeinde Manchester. Dort lebte er - unterstützt von Freunden, Menschenrechtsorganisationen und Stadträten - 760 Tage im Asyl versteckt. Im Januar letzten Jahres ließ dann die britische Regierung die Sakristei stürmen und Mendis mit Polizeigewalt aus der Kirche holen. Internationalen Protesten zum Trotz wurde der junge Flüchtling via Zürich in seine Heimat Sri Lanka abgeschoben. Bei dem Zwischenstopp in Zürich wurde noch versucht, für Mendis eine Aufenthaltsmöglichkeit in einem anderen Land zu suchen, und die Hansestadt Bremen, wo sich mehrere Gruppen und Politiker für Mendis engagiert hatten, erklärte sich auch zur Aufnahme bereit. Doch das Bundesinnenministerium lehnte ab: Mendis habe keinen gültigen Paß, und man wolle die „rechtsstaatliche einwandfreie“ Abschiebungsentscheidung der britischen Regierung nicht unterlaufen. Das störe die „Bemühungen um eine Harmonisierung der Asylpolitik und die solidarische gute Nachbarschaft innerhalb der EG“, beschied das Innenministerium und ließ Mendis im Fahndungsbuch des Bundesgrenzsschutzes auf die Einreiseverbotsliste setzen.
Daß Mendis jetzt legal und sogar mit dem Segen des Auswärtigen Amtes in die BRD einreisen konnte, hat er langen, zähen Verhandlungen von Politikern, Gruppen und Freunden zu verdanken. Nachdem die Stadt Bremen sich zur Aufnahme des Flüchtlings bereiterklärt hatte, verschaffte der Arbeiter-Samariter-Bund der langjährigen britischen Lebensgefährtin von Mendis einen festen, nach EG-Richtlinien auch Freizügigkeit garantierenden Arbeitsplatz. Im Sommer letzten Jahres reiste Mendis‘ Freundin Karen (Familiennamenlos, wie üblich. die k.) nach Sri Lanka, und beide heirateten. Nunmehr Ehemann einer EG-Bürgerin, konnte Mendis nach einem weiteren halben Jahr Behördenkrieg endlich in die BRD einreisen. Hier wird er - erstmals nach mehr als drei Jahren - nicht mehr auf der Flucht sein müssen. In Sri Lanka mußte Mendis aus Angst vor politischer Verfolgung ständig den Aufenthaltsort wechseln: „Daß ich am Leben bin, ist eine Ausnahme“, berichtete er nach seiner Ankunft, „während meiner Zeit in Sri Lanka verschwanden über 100.000 Menschen, und zwei meiner besten Freunde wurden umgebracht.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen