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Reinfall im Schadensfall

■ Auch Fahrradversicherungen haben so ihre Tücken

Reinfall im Schadensfall

Auch Fahrradversicherungen haben so ihre Tücken.

Von

FRIEDEL ROHDE

er Anblick ließ Elkes Kinnlade nach unten fallen. Sie war mit ihrem Mann Paul nur kurz im Kaufhaus gewesen, und als sie wieder herauskamen, sahen sie - nichts. An der Stelle, an der sie ihre Fahrräder abgestellt hatten, war nur gähnende Leere. Dabei hatten sie die Räder extra miteinander verbunden, damit es potentielle Diebe schwerer hätten. „Was soll's“, meinte Paul, „unsere Hausratversicherung kommt ja dafür auf.“

Weit gefehlt. „Leider können wir ihnen nicht die geforderten 800 DM, sondern nur die Höchstleistung von 500 DM für die gestohlenen Fahrräder ersetzen, da die Leistung auf 500 DM pro Schadensfall begrenzt ist“, schrieb der Hausratversicherer in seinem netten, aber verbindlichen Brief.

Weil die Fahrräder zusammengeschlossen waren, gehen die Versicherer von einem Schadensfall aus. Dieser Reinfall wäre zu vermeiden gewesen, wenn Elke und Paul die Fahrräder nicht miteinander verbunden, sondern räumlich getrennt abgestellt und jeweils einzeln verschlossen hätten.

Bei der Versicherung von Fahrrädern im Rahmen der Hausratsversicherung gibt es nicht nur diese Fußangel. Beispielsweise sind Fahrräder nach beendetem Gebrauch „in der Zeit zwischen 22 Uhr und 6 Uhr“ nur dann versichert, wenn sie sich zum Zeitpunkt eines Diebstahls in einem verschlossenen Raum befunden haben. Dank unterschiedlicher Rechtsauffassung wird der Begriff „beendeter Gebrauch“ recht abenteuerlich ausgelegt. So gilt der Gebrauch regelmäßig dann als beendet, wenn jemand beispielsweise um 20 Uhr mit dem Fahrrad zur Nachtschicht fährt, das Velo dort abstellt, um es nach achtstündiger Tätigkeit für den Heimweg erneut zu benutzen. Fährt dagegen jemand mit dem Fahrrad zu einer um 21 Uhr beginnenden Veranstaltung, stellt das Fahrrad dort ab, um dann gegen drei Uhr mit dem Rad den Heimweg anzutreten, gilt der Gebrauch nicht als beendet. Die Logik, die hierin steckt, verstehen vermutlich noch nicht einmal jene, die sich solchen Blödsinn ausgedacht haben.

Auch der Begriff „verschlossener Raum“ hat es in sich. So wird es immer dann Schwierigkeiten geben, wenn das Fahrrad zur Nachtzeit aus einem Gemeinschaftskeller, einer Gemeinschaftsgarage oder aus dem Treppenhaus gestohlen wird. In diesem Fall muß bewiesen werden, daß nicht etwa ein anderer Mieter die Tat begangen beziehungsweise ermöglicht hat. Das gilt auch dann, wenn das Velo zusätzlich durch ein Schloß gesichert war.

1984 haben die Versicherer neue Bedingungen herausgebracht, nach denen die Fahrräder nur noch gegen einen Beitragszuschlag versichert werden können. Diese Schlechterstellung versüßten die Versicherer dadurch, daß sie nun auch Fahrräder mit einem höheren Wert als 500 DM versichern, was aber einiges an Prämie kostet. Ein weiterer Vorteil der neuen Bedingungen: Die oben erwähnte Einschränkung zum Gemeinschaftskeller gilt nach den neuen Bedingungen nicht. Auch wären die zusammengeschlossenen Fahrräder in dem anfangs beschriebenen Fall versichert gewesen.

Dafür haben sich die Versicherer weitere Auflagen einfallen lassen: Es besteht nach den neuen Bedingungen die Verpflichtung, die Marke und die Rahmennummer des versicherten Fahrrades zu beschaffen und aufzubewahren. Andernfalls wird der Versicherungsschutz verweigert.

Noch dringender als der Abschluß einer Diebstahlversicherung für das Fahrrad ist der Abschluß einer Privathaftpflichtversicherung. Versicherungsschutz wird unter anderem dann gewährt, wenn die versicherte Person zum Beispiel als Radfahrerin oder Fußgängerin Dritte schädigt; was angesichts der oft immensen Forderungen nach Verursachung eines Verkehrsunfalls ziemlich teuer werden kann.

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