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Wirrwarr bei Mißbrauch-Broschüren

■ Verwaltungen können sich nicht auf gemeinsame Broschüre zum sexuellen Mißbrauch einigen, die sich an die Kinder selbst richtet / Schulverwaltung plant Heft für Eltern / Zusammenarbeit mit Kripo gescheitert

West-Berlin. Kompetenzwirrwarr und Abstimmungsschwierigkeiten der zuständigen Verwaltungen verhindern bislang die Herausgabe einer Broschüre, die Kinder vor sexuellem Mißbrauch schützen soll und sich auch direkt an Kinder richtet. Nachdem die Schulverwaltung von Senatorin Sybille Volkholz die Verteilung einer Broschüre der Kripo im Herbst letzten Jahres untersagen ließ (taz berichtete), weil das als Malbuch konzipierte Heftchen „zu sexualitätsfeindlich“ gemacht war, plante man zunächst zusammen mit der Kriminalpolizei, eine neue Broschüre zu erarbeiten.

Dies ist bis heute nicht geschehen und auch nicht in Sicht. Zunächst liegen die 30.000 Restbroschüren, die auf einem Konzept der US-Army beruhen („Berührungen unter der Badehose sind böse“), weiter im Keller der Kriminalpolizei. Und die Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle würde sie auch gern unters Volk bringen, denn von den Argumenten der Schulsenatorin hält man dort nicht viel. Kriminaloberrat Roll: „Viele Eltern und Lehrer rufen an und wollen Nachschub. Wir können es uns aber nicht leisten, innerhalb eines Jahres zwei Broschüren zu machen. Sexueller Mißbrauch ist schließlich keine Massenkriminalität - hier wird täglich fünfzigmal eingebrochen, und täglich werden hundert Fahrräder gestohlen, da müssen wir uns auch drum kümmern.“ Eine Broschüre, die sich an Eltern und LehrerInnen wende, werde man allerdings bald auflegen. Sie werde bereits in Zusammenarbeit mit der „Wildwasser„-Gruppe und einer westdeutschen Organisation geplant. Eine Kinderbroschüre werde es nicht geben.

Beim Sprecher des Schulsenats, Stefan Woll, wiederum ist die Elternbroschüre der Kripo unbekannt. Die Broschüre für Kinder solle nach wie vor zusammen mit der Kripo gemacht werden, meint er erst, später korrigiert er sich dann: Die Sache sei gestorben. Nun werde eine Broschüre für Eltern und LehrerInnen gemacht, mit dem Frauensenat zusammen und ohne die Kripo.

Dies bestätigte auch die Sprecherin des Frauensenats, Kämper. Zunächst solle eine LehrerInnenbroschüre gemacht werden, um das nun zurückgestellte Faltblatt für Kinder „vorzubereiten“. Allerdings arbeite man in der Frauen- und Familienverwaltung momentan an einer Dokumentation des Kinderschutzkongresses vom Januar, der auch den sexuellen Mißbrauch von Kindern zum Thema hatte.

Bislang hat wohl nur die Kinderberatungsstelle „Kind im Zentrum“ (KiZ) ein Heft zu Mißbrauch im Programm, das sich direkt an die Kinder wendet. Die Broschüre vom KiZ, die das Kripo-Heftchen auch als „zu moralisch“ kritisiert hatte, benennt allerdings sehr klar: „Er verlangt von ihr, daß sie ihm den Penis streichelt.“

Jörg O. Riss

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