: Die Gurke des Tages
■ Gott
DIE
GOTT
Noch wissen wir nicht, ob er aus seiner VIP-Lounge direkt auf Italia hinabschaut, ob er fernsieht via Satellit oder ob er gar verkabelt ist. Fest steht nur: ER hat die Weltenkugel geformt, den Menschen geschnitzt, und nun, nach Jahrtausenden der Tatenlosigkeit, greift er massiv ein, wenn sich seine fortentwickelten Schnitzprodukte um die Fußballkugel streiten. Und das nicht zu knapp, und das als Wiederholungstäter, unfair, dreist, vorsätzlich immer für dieselben. Gott, bisher fälschlich als Übervater aller Menschen angesehen, ist ein notorischer argentinischer Nationalist.
Vor vier Jahren führte er Maradona zum Siegtor gegen England. Der pummelige Pampamann erklärte, „die Hand Gottes“ habe ihn geführt. Jetzt hat sich sein Führer wieder zu erkennen gegeben, passenderweise im Land des Papstes, als sich Maradona diesmal gegen die anerkannt Gottlosen aus der UdSSR mühte. Der bäuchlings ausgedünnte Dicke bekreuzigte sich beim Anstoß, und da ahnten wir schon Schlimmes. Das war der Lockruf. Und nach einer Minute greift er in die Luft, fischt den Ball - kein Pfiff. Das war der Test. Nach zehn Minuten die dreisteste Szene: Klares Handspiel von Maradona auf der eigenen Torlinie, kein Elfmeter, dem schwedischen Schiedsrichter-Schäfchen waren die Augen fest verschlossen. Daß Maradona später nochmals ungestraft zugriff, war die demonstrative Häme des Unantastbaren. Daß das 2:0 nach Handspiel eines anderen Argentiniers geschah, konnte uns nicht mehr wundern. Die üben fürs nächste mal.
Der Herr selbst, kein Turek, spielt sich als Fußballgott auf. Gott- Gurke erklärt das Menschenrecht auf Fußball zur Chefsache. Alle gläubigen Atheisten sind empört. Das ist übelster Hl.Hooliganismus der Macht! Rote Karte! Stadionverbot! Sperre auf Ewigkeit!
-müll
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen