: La-Belle-Anschlag: CIA wußte Bescheid
Berlin (taz) - War der amerikanische Geheimdienst CIA in die Vorbereitungen auf das La-Belle-Attentat im April 1986 involviert? Diese Frage wird nach Auswertung von Stasi-Akten zu diesem Anschlag in der heutigen Ausgabe des 'Spiegel‘ eindeutig mit Ja beantwortet. Ein Libyer mit dem Stasi -Decknamen „Alba“, der auch für die CIA gearbeitet haben soll, sei bis eine Woche vor dem Anschlag auf die Westberliner Diskothek an den Planungen des Bombenattentats beteiligt gewesen. „Alba“, dessen wirklicher Name selbst den Auftraggebern nicht bekannt sein soll, habe die Stasi detailliert über die Planungen auf dem laufenden gehalten.
Mit dem Anschlag auf die überwiegend von schwarzen US -Soldaten besuchte Diskothek, bei dem drei Menschen ums Leben kamen und über zweihundert Personen verletzt wurden, hatte der damalige US-Präsident Ronald Reagan die Bombardierung der libyschen Hauptstadt Tripolis am 15.April 1986 rechtfertigt. Im ehemaligen DDR-Ministerium für Staatssicherheit sei die HauptabteilungII (Spionageabwehr), Abteilung 15 (Libyen), die Stasi-Chef Mielke direkt unterstand, mit dem Fall befaßt gewesen. Sie habe alles über den angeblichen Hauptakteur des Anschlages, den libyschen Geheimdienstler Jussuf Salim - Stasi-Deckname „Nuri“ - und dessen zweiten Kommandoführer Musbah Abu el-Kassim (Derwisch“) sowie deren Helfer in West-Berlin gewußt. Waffen und Sprengstoff seien über Ost-Berlin in den Westteil der Stadt gebracht worden.
Auf eine genaue Kenntnis der US-Behörden deutet die hohe Polizeipräsenz in der Nähe von Objekten hin, die von „Nuris“ Kommando in West-Berlin ausgesucht worden seien - einen ersten Attentatsversuch habe man aus diesem Grund verschieben müssen. Warum „Alba“ sieben Tage vor dem Attentat vom Erdboden verschwand, ist unklar. Eventuell war der Libyer seinen drei Auftraggebern als unmittelbar Beteiligter zu gefährlich und aus diesem Grund sicherheitshalber aus dem Verkehr gezogen worden.
Nach der Bombenexplosion im La Belle fiel auf, daß amerikanische Militärpolizei früher am Tatort eingetroffen war als Westberliner Beamte. Noch in der Tatnacht hieß es von Seiten der USA, der Anschlag könne nur auf das Konto des libyschen Staatschefs Muammar el-Gaddafi gehen. Als Indiz nannte man damals allerdings einen entsprechenden Funkspruch zwischen Tripolis und der libyschen Botschaft in Ost-Berlin, den westliche Späher mitgehört haben wollten. Die Ermittlungen gegen den damals festgenommenen Verdächtigten Hasi kamen jedoch schnell ins Stocken - auch Hinweise auf eine Libyen-Connection in Sachen La Belle konnten bis zum jüngsten Fund im Stasi-Archiv nicht bestätigt werden.
Axel Kintzinger
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