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„Themenbezogener Striptease“

■ Jörg Wontorra, Radio Bremens Sportchef, startet Samstag mit einer neuen Unterhaltungssendung / Potzblitz statt Sportblitz?

Jörg Wontorra, bundesweit anerkannter Sympathieträger, eigentlich Radio Bremens Sportchef, debütiert als Unterhalter in einer neuen N3-Unterhaltungssendung mit Namen „Kanapee“. Der Titel klingt nicht nur doppeldeutig, sondern ist extra so angelegt: einmal Häppchen, einmal Schlüpfriges. Alles zusammen auf Nachtclub-Basis, aber mit Gesprächen. Die taz sprach mit dem ersten öffentlich-rechtlichen Erotik -Master.

taz: Herr Wontorra, Sie machen am Samstag eine neue Unterhaltungssendung, sind Sie schon aufgeregt?

Jörg Wontorra: Jaaa! (lacht)

Wieso?

Ja, es ist halt doch ein neues Metier, ganz klar. Bisher hat man Sport gemacht - ich hab‘ zwar so am Anfang meiner journalistischen Laufbahn beim NDR im Radio ein bißchen Unterhaltung gemacht, die Nachtsendung moderiert: „Musik bis zum frühen Morgen“, aber im Fernsehen ist es ein ganz neues Ding. Zum einen ich bin bisher journalistische Arbeit gewohnt, und nun muß ich mich zurechtfinden mit journalistischer Unterhaltung, das ist ein großer Unterschied.

Was für eine Art Unterhaltung werden Sie uns anbieten?

Es wird ein guter deutscher Nachtclub (räuspert sich).

Aha? Was ist ein guter

deutscher Nachtclub?

Es kommt alles drin vor: Variete, Zauber, Barmusik, 'ne Combo oder sowas, dann auch Popmusik, und schließlich auch ein bißchen Erotik.

Wie muß ich mir das vorstellen? Mit Striptease vielleicht?

Genau. Unter Erotik müssen Sie sich zum einen vorstellen, daß wir halt einen Striptease in der Sendung haben, der aber themenbezogen ist; also einfach so'n Striptease machen, find‘ ich nicht gut. Aber da wir halt diskutieren wollen über Sexualität in der DDR ...

Mit der Striptease-Tänzerin?

Die Striptease-Tänzerin kommt aus der DDR. Darum ist das zumindest themenbezogen, und vor allem sind das ja Dinge, mit denen sich Leute in der DDR eigentlich jetzt zum ersten Mal auseinandersetzen, und darum halten wir das für ein interessantes und auch brisantes Thema.

Sie sind jetzt also der erste Mann der ARD für's Grobe?

(Lacht). Der Mann für die Schweinereien.

Das haben Sie gesagt.

Nee, nee, so isses auch nicht. Auf alle Fälle war die Intention dieser Sendung, mal was zu machen, was es im deutschen Fernsehen so noch nicht gibt. Die Sendung heißt ja „Kanapee“, das ist schön doppeldeutig, zum einen sitzt man ja nachts mal auf so ei

nem Kanapee, um sich etwas näher zu kommen, zum anderen sind die Kanapees auch die kleinen Häppchen, die gereicht werden, und darum heißt der Untertitel sehr bewußt „Unterhaltung häppchenweise“.

Warum, glauben Sie, sind Sie für die Unterhaltungsbranche geeignet?

Das müssen Sie andere fragen! (lacht). Weil: Ich hab mich danach nicht gerissen, sondern bin gefragt worden. Das kann ich höchstens beantworten: Ich wollte nach 17 Jahren Sport mal wieder 'ne andere Herausforderung haben. Und diese Mischung aus Nachtclub und Talkclub ist mir eigentlich sehr recht. Aber ich bin mir einer Gefahr durchaus bewußt. Es kann sein, daß das Publikum und auch die Presse das überhaupt nicht annehmen. Die sagen vielleicht: Kuck mal, der aussen Sport, jetzt mutet der sich auch das noch zu, und das kann er doch garnicht.

Aber Sie glauben, daß Sie das können?

Nö, nö, deswegen sag‘ ich ja, ich hab‘ schon ein bißchen Muffe davor, es kann auch total daneben gehen.

Kommen Sie uns live?

Die ist live , die Sendung, ganz doll live. Das war meine Vorbedingung! Weil live erstens viel mehr Spaß macht und zweitens viel mehr Spontaneität zu Tage

bringt. Wenn man im Unterbewußtsein weiß, man kann alles noch schneiden, dann kommen vielleicht auch Wünsche der Ge

sprächspartner: Mensch, nimm‘ doch mal diese Passage raus, das wär‘ alles ein bißchen albern.

Was soll denn der Sport ohne

Sie machen?

Nee, der Sport macht weiter!

Naja, den Sportblitz wird es nicht mehr lange geben.

Der wird im nächsten Jahr leider 'rausfliegen, aber das hat was zu tun mit der Harmonisierung des Regionalprogramms. Ich mußte das einsehen, da kann man sich nicht wehren mit einer Viertelstundensendung, die ist dann so wichtig auch nicht.

Aber sie bleiben Bremen als Sportchef erhalten?

Ja, hundertprozentig, Sport ist mein Standbein, und das andere ist mein Hobby.

Haben Sie Vorbilder für's Hobby? Nachtclubmäßig?

Also nachtclubmäßig nicht, sondern unterhaltungsmäßig. Ich finde immer noch, daß Gottschalk der Größte ist, was die reine Unterhaltung angeht. Und was Talk angeht, Frechheit in den Fragen und so, da ist eigentlich mein jetziger Chefredakteur einer, an dem ich mich orientiere.

Herr Geyer.

So ist es. Das hat mit Unterhaltung nix zu tun, sondern mit Talken, mit Fragen, mit Hinterfragen.

Ja, dann viel Glück!

Ich hoffe, ich hoffe, kann aber auch danebengehen.

Wir werden dabeisein. Fragen: clak

„Kanapee“ läuft am Samstag, 23 Uhr, auf N3

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