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KOMMENTARForellen und Ethik

■ Die vertrauliche Studie der Fischereireferenten der Länder

Während sich die Naturschützer noch über das Sterben der Arten beklagen, sind die Gentechniker munter dabei, neue herzustellen. Das jetzt bekanntgewordene Papier der Fischreireferenten der Länder über den Einsatz von Genmanipulationen und anderen neuen Biotechnologien in der Fischzucht zeigt, welche Dynamik die Gentechnik inzwischen entwickelt hat. Vor allem: sie hat längst jeden ethischen Ballast abgeworfen.

Es gibt nur noch biologische Machbarkeiten, umgesetzt von einem rein ökonomischen Kalkül, und ein kleiner Rest von Gefahrenabwehr. Die Achtung vor der Kreatur, der Respekt vor dem Lebendigen sind in den Retortengläsern beim alltäglichen Hantieren mit den Grundbausteinen des Lebens verdampft. Leben reduziert sich vom göttlichen Schöpfungsakt zum geschickten Handgriff des Gen-Ingenieurs — fast beiläufig irgendwann zwischen Kaffeepause und Schichtwechsel ausgeführt. Die Gentechnik ist mit der Begleitmusik einer breiten ethischen Debatte eingeführt worden. Von ihr ist nichts übriggeblieben als das Entsetzen bei jenen, die sowieso „dagegen“ waren.

Das Fischerei-Papier zeigt aber noch etwas anderes. Die Gentec-Revolution ist zu einem Selbstläufer geworden, hat Forschung und Landwirtschaft durchdrungen bis hinunter in die letzten Teiche der Fischzuchtbetriebe. Neue Entwicklungen werden nicht mehr diskutiert, sondern nur noch zur Kenntnis genommen. Und während wir uns noch über die ausgebleichten genmanipulierten Petunien freuen, schwimmen Buntbarsche mit menschlichen Wachstumsgenen in bundesdeutschen Institutsaquarien.

Auch den Fischereireferenten der Länder geht es in ihrem Gutachten im Prinzip ausschließlich um Schadensbegrenzung. Eine Entwicklung jenseits moderner Biotechnologie oder deren ethisch-moralische Zähmung scheinen schon gar nicht mehr vorstellbar. Wie ein roter Faden zieht sich die Klage durch das Papier, daß das Unheil sowieso nicht mehr aufhaltbar ist. Wie auch, wenn sich niemand mehr traut, die modernen Züchtungsmethoden als das zu benennen was sie sind: bestialisch. Was steht am Ende einer Entwicklung, die damit begonnen hat, Forellenmännchen zu Weibchen zu machen, die anschließend wieder von Weibchen begattet werden, die man dafür aber zu Männchen umwandelt? Wann kommt die Forelle mit dem Elefanten-Gen? Ach so: die kriegt man dann nicht mehr in die Pfanne rein. Manfred Kriener

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