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Showdown im Schweinestall

■ „Tatort — Animals“, Dienstag, 1.1., ARD, 20.15 Uhr

Frischwärts geht es mit der neuen Kommissargeneration. Direkt vom Reißbrett weg ins richtige Leben, das Laufsteg heißt. Schon morgens gut aufgelegt, Kleinanzeigen lesend, Musik trällernd, in feinem Zwirn gewandet und von der Freundin PS-stark aufs Kommissariat gebracht, wirken die beiden neuen Jungdynamiker Ivo Batic und Franz Leitmeyr so gelöst, daß ihnen sogar der Fehltritt in die Hundescheiße zu einer grazilen Pirouette gelingt — ein schönes Paar.

Nein, nicht daß man mich etwa falsch versteht. Der Jungbrunnen beim bayerischen Tatort hat rein gar nichts mit der längst abgetragenen Yuppie-Modewelle zu tun. Dieser Typus schwebt auf einer weit höheren Stufe — der hyperaufgeklärte Genußmensch, der den Hautgout des Zynismus auskostet, ohne dabei so protzig selbstbewußt aufzutreten wie die ewiggestrigen Yuppies.

Sie wissen, was sie tun, aber sie tun es, weil andere es ohnehin tun würden, vielleicht schlechter. Also nehmen sie es hin, und sie nehmen es leicht. Franz schlürft Milch aus Pfandflaschen, wegen der Umwelt, und fährt Porsche, wegen der Umwelt. Als Kommissar darf er Verantwortung übernehmen und verantwortungslos sein. Das führt dann zu Leichen, die nicht hätten sein müssen, da darf man dann ein wenig betroffen sein.

Was wirklich zählt, ist der gelassene Geist. Franz und Ivo betrachten ihren Job ganz locker und sehen in den Ermittlungen eher eine sportive Aufgabe. In nur fünf Minuten knacken sie den Fall eines Drogentoten, und mit ähnlicher Eleganz lösen sie dann einen Mordfall im autonomen Milieu der Tierversuchsgegner und die damit verbundenen tierquälenden Geschäfte der Kosmetikfirma Pelzer, die armen Geschöpfen ans Fell geht.

Daß das Showdown im Schweinestall wie das Hornberger Schießen ausgeht und niemand so recht weiß, warum er eigentlich dort anwesend sein muß, ist nur ein kleiner Schönheitsfehler.

Und sterben mußte ja nur einer, der am Rande des Suizids stand. Das ist dann kein Mord, sondern ein Mördchen oder besser ein beihelfender Totschlag. Das Auslaufmodell Marke Schimanski hätte hier wahrscheinlich mit brachialer Gewalt aufgeräumt. Da stehen die beiden Jungs drüber — drahtig, aber vornehm, und immer, immer gelassen. Christof Boy

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