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ReservistInnen verweigern

Pentagon beginnt, „inaktiven ReservistInnen“ Einberufungsbefehle zu schicken/ Häufig schon Ehepartner an der Front: Was wird mit Kindern?  ■ Aus Washington Andreas Zumach

Sarah Davis Waters steht „voll hinter unseren Truppen am Golf“ und unterstützt den Krieg ihres Landes. Gleich nach der Schule hatte sie sich — mangels anderer Möglichkeiten — für vier Jahre bei der Air Force verplichtet und dort ihre Ausbildung zur Flugzeugingenieurin erhalten. Danach erhielt sie wie viele tausend andere den Status der „inaktiven Reservistin“, arbeitete in einem zivilen Beruf, heiratete und bekam ihr erstes Kind. Das Militär oder gar der Gedanke an einen Kreig spielte in ihrem Alltag keine Rolle mehr — zumal, da „inaktive ReservistInnen“ im Unterschied zu „aktiven“ nicht zu regelmäßigen Übungen einberufen werden.

Vor einer Woche kam per Post der Marschbefehl nach Saudi-Arabien für den 15. Februar. Doch Sarah will dem „unter gar keinen Umständen“ Folge leisten und verlangt vom Pentagon, für sie eine „Verwendung“ innerhalb der USA zu finden. Ihr Mann ist bereits seit November am Golf stationiert, und Sarah will ihre zweijährige Tochter „nicht alleine lassen“. Selbst der telefonische Vorschlag des Vizegouverneurs der saudischen Ostprovinz, Prinz Fahd Bin Salman, die Tochter mitzubringen und für die Dauer des Krieges in seinem Schloß wohnen zu lassen, konnte Sarah nicht umstimmen. Sie hat inzwischen „über hundert Anrufe und Briefe von Frauen erhalten, die in einer ähnlichen Lage sind“.

Sarah will sich „nicht einfach drücken“. Sie beharrt auf einer „grundsätzlichen Entscheidung“ des Pentagon, daß bei Familien mit Kleinkindern nicht beide Eltern an den Golf beordert werden. Die mit der Frage befaßte Brigadegeneralin der Luftwaffe, Wilma Vaught, schließt eine derartige generelle Entscheidung aus. Für Flugzeugingenieurin Sarah, die am Golf „dringend benötigt wird“, sieht sie nur eine Chance die Reise ins Kriegsgebiet zu vermeiden: falls doch noch eine „sinnvolle Verwendung in den USA gefunden wird“. Was denn geschehe, wenn beide Eltern im Golfkrieg gefangengenommen, verwundet oder gar getötet werden? Brigadegeneralin Vaught reagiert auf diese Frage lediglich mit dem Hinweis, daß „alle 88 weiblichen Gefangenen der US-Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg wieder nach Hause gekommen“ seien.

Der bizarre Fall der Sarah Davis Waters illustriert die zunehmenden Personalnöte des Pentagon. Nach der Aufstockung der US-Streitkräfte am Golf auf inzwischen über 500.000 Soldaten — darunter rund 30.000 Frauen — ist der Vorrat an aktiv dienenden GIs und an aktiven Reservisten weitgehend aufgebraucht, der an mobilisierbaren nichtaktiven Reservisten ist auch nur begrenzt. Je länger der Krieg dauert, desto größer ist der Personalbedarf. Vor diesem Hintergrund verdichten sich vor allem bei Friedensgruppen Vermutungen und Hinweise, daß in der Administration doch an eine Wiedereinführung der Wehrpflicht gedacht wird. Auch die großen Zeitungen des Landes widmeten dem Thema in den letzten Tagen größere Artikel. Noch dementiert die Administration entsprechende Überlegungen und verweist auf die „Fähigkeit, aus der Reserve und der Nationalgarde bis zu einer Million Männer und Frauen für den Golfkrieg mobilisieren“ zu können. Kritiker sprechen von einer „theoretischen Zahl“, die in der Praxis „nicht realisierbar“ sei. Die zuständigen Dienststellen sind auf eine Wiedereinführung der Wehrpflicht jedenfalls bestens vorbereitet. Durch die seit 1980 bestehende Meldepflicht für 18jährige, deren Einhaltung die Voraussetzung u.a. für den Erhalt eines Collegestipendiums ist, haben die Behörden heute die Daten von 97 Prozent aller 18- bis 25jährigen in ihrem Computer — jeweils zwischen 1,5 und zwei Millionen Männer in jedem der acht Jahrgänge. Innerhalb von Stunden, nachdem die Geburtsdaten per Losziehung ausgewählt wurden, können Millionen von Einberufungsbescheiden ausgedruckt werden. Innerhalb von 13 Tagen könnten die ersten Wehrpflichtigen eingezogen werden, nach Ablauf eines Monats bereits 100.000.

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