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Uni-Abwicklung vor Gericht

■ Gestern: Klage der Humboldt-Uni gegen den Senat/ Wegen Abwicklung einiger Fachbereiche wurde vor dem Verwaltungsgericht verhandelt

Charlottenburg. Wenige Wochen nach der eigentlichen Aufregung wurde gestern der Abwicklungstreit zwischen der Humboldt-Universität und dem Senat vor dem Verwaltungsgericht verhandelt. Ende vergangenen Jahres hatte die Landesregierung beschlossen, die Fachbereiche Recht, Pädagogik, Geschichte, Philosophie und Wirtschaft der Humboldt-Universität abzuwickeln und neu zu strukturieren. Davon betroffen sind 9.500 Studenten und fast 1.500 Mitarbeiter. Die Uni reichte daraufhin eine Klage gegen diese Entscheidung ein. Das Verwaltungsgericht setzte wegen der Bedeutung des Verfahrens entgegen der sonst üblichen schriftlichen Klärung eine mündliche Verhandlung an.

Die Hochschule begründete ihre Klage damit, daß für die Senatsentscheidung die gesetzliche Grundlage fehle. Mit den beiden Mantelgesetzen, die von der Landesregierung zur Überführung der Hochschulen in die neue Länderhoheit nach dem Beitritt der Ex-DDR verabschiedet wurden, sei die Humboldt-Uni als Kuratorialhochschule übernommen worden. Dadurch erhielt die Universität gegenüber dem Staat ein Selbstverwaltungsrecht. Deshalb greife, so Rechtsanwalt Rainer Geulen, die Abwicklungsentscheidung unzulässig in die Autonomie der Uni ein.

Die Senatsvertreter dagegen erklärten, daß, um die Rechtseinheit in Berlin herzustellen und den Studenten ihre Studienabschlüsse zu sichern, schnell hätte entschieden werden müssen. Ihrer Meinung nach schrieb das Mantelgesetz nicht die Überführung der Hochschule fest. Es sei von der noch zu treffenden Entscheidung ausgegangen worden. Der Zeitdruck der Rechtsangleichung würde auch rechtfertigen, daß der parlamentarische Weg umgangen worden ist, war vom Vorsitzenden Richter der 7. Kammer zu erfahren. Es handele sich hier um eine Besonderheit der historischen Situation. Die Senatsseite mußte auch einräumen, daß die kurze Zeit eine ausführliche Anhörung der Universität verhindert habe, die von der Uni eingeklagt worden ist.

Weil der Einigungsvertrag für Einrichtungen der ehemaligen DDR die Abwicklung oder Überführung vorsieht und letztes für die Humboldt-Uni geschehen ist, hätte es, so die Hochschulseite, keine Abwicklung geben dürfen. Denn zum »Zwecke der Neugründung«, wie es der Senat mit den drei neuen Fachbereichen Staatswissenschaft, Philosophie/Soziologie und Pädagogik plant, sei die Abwicklung nicht vorgesehen. Für eine personelle Erneuerung in den neu zu gründenden Fachbereichen gäbe es im Einigungsvertrag das Mittel der Kündigung. Dieser Weg würde sich bei einer positiven Entscheidung des Verwaltungsgerichtes (lag bei Redaktionschluß noch nicht vor) mit dem Willen zur inneren Erneuerung der Uni treffen. anbau

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