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Für Berlin gibt Kohl nur 389 Millionen her

■ Diepgen hochbeglückt über Geldsegen aus Bonn SPD und Opposition immer noch unzufrieden

Berlin. Der am Donnerstag von Bund und Ländern beschlossene Geldsegen für Ostdeutschland ist in Berlin auf ein gespaltenes Echo gestoßen. Obwohl von der Gesamtsumme von 22 Milliarden Mark ganze 389 Millionen Berlin zugute kommen sollen, lobte der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen gestern die »großen Anstrengungen« des Bundes und pries die Entscheidung als einen »großen Schritt vorwärts«. Die nach Berlin fließenden Gelder müßten für den Ausbau von Krankenhäusern, Schulen und Altersheimen im Ostteil der Stadt verwendet werden. Sie sollten »sofort« wirksam werden, versprach Diepgen.

Die anderen Berliner Parteien reagierten weniger euphorisch. SPD-Chef Walter Momper sprach zwar von einem »Schritt in die richtige Richtung«. Angesichts des Sechs-Milliarden-Lochs im Berliner Haushalt und vor dem Hintergrund der gekürzten Berlin-Förderung seien die zugesagten dreistelligen Millionenbeträge jedoch »unzureichend«, warnte der Politiker. SPD- Fraktionschef Ditmar Staffelt assistierte, die Ergebnisse des Gesprächs bei Bundeskanzler Kohl seien viel zu spät gekommen und weit davon entfernt, die angestrebte Angleichung der Lebensverhältnisse entscheidend voranzubringen. Bonn müsse dringend das längst fällige Programm zur Förderung der Wirtschaft in den neuen Ländern vorlegen.

Die Fraktion von AL und Bündnis90 wies darauf hin, daß Berlin durch die Beschlüsse von Bund und Ländern mit verschärften Haushaltsproblemen konfrontiert werde. Im Gegensatz zu ihrer bisherigen Haltung hätten die ostdeutschen Länder den Bonner Standpunkt anerkannt, daß die Subventionen für Mieten, Brennstoffe und Nahverkehrstarife nicht vom Bund, sondern von den Ländern getragen werden müßten. Dadurch komme auf Berlin eine weitere Haushaltslücke von zwei Milliarden Mark zu. Die volle Beteiligung der neuen Länder am Umsatzsteueraufkommen bringe Berlin keinen Pfennig mehr, da Ost-Berlin hier schon im Einigungsvertrag einbezogen wurde. Eberhard Diepgens Verfassung bei den Verhandlungen erscheine »schwer angeschlagen«, resümierten die Grün-Alternativen.

Ähnlich äußerte sich die PDS- Fraktionsvorsitzende Gesine Lötzsch. Diepgen habe nicht den »Willen, die Interessen Berlins energisch bei seinem Übervater Kohl zu vertreten«, erklärte Lötzsch. hmt

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