: Stasi-Bodyguards für West-Politiker?
■ „Wir machen keine Hexenjagd“
Berlin. Spätestens seit dem Kanzler-Besuch in Halle und den Fragen nach der Sicherheit bei solchen Visiten ist der Verdacht aufgekommen, daß im Personenschutz östlich der Elbe frühere Stasi-Angehörige eingesetzt werden. So kommt beispielsweise ein Großteil der Bodyguards um den sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU) nach 'dpa‘-Informationen aus einer Hauptabteilung des DDR- Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Die meisten Innenministerien sind jedoch bemüht, die Reihen der Polizei nach inoffiziellen oder gar hauptamtlichen MfS-Mitarbeitern zu durchforsten.
In Brandenburg müssen nach Angaben des Potsdamer Innenministeriums vom Dienstag 154 frühere Polit-Offiziere und Stasi- Leute den Polizeidienst quittieren. Insgesamt hatte die unter Leitung eines nordrhein-westfälischen Verwaltungsjuristen arbeitende Prüfkommission die Fragebögen von rund 10.500 Polizeibediensteten auszuwerten. Zu den Polizisten, gegen deren Übernahme nicht auszuräumende Bedenken bestünden, gehören demnach 96 ehemals hauptamtliche Mitarbeiter aus den Stasi-Hauptabteilungen Spionageabwehr, Terrorismusbekämpfung oder auch Sicherheit und Kontrolle der Grenzen. Nach Einzelgesprächen hätten sich die meisten mit Auflösungsverträgen bereit erklärt, in 20 bis 30 Fällen würden bald fristlose Kündigungen erfolgen. Von 31 Mitarbeitern des Thüringer Personenschutzes enttarnte die Gauck-Behörde fünf als Inoffizielle Mitarbeiter (IM). Drei weitere hätten als Sportlehrer von Dynamo Erfurt auf der MfS-Gehaltsliste gestanden, ohne jedoch direkt für das Ministerium gearbeitet zu haben, erklärte das Innenressort. Alle seien mittlerweile vom Dienst suspendiert worden. Antworten auf fünf weitere Anfragen sowie die Überprüfung nachträglich eingestellter Mitarbeiter des Personenschutzes stünden noch aus. Derzeit laufen in Thüringen Anfragen bei der Gauck-Behörde zu 270 Polizisten. Bei der Landespolizei in Sachsen-Anhalt sollen nach einem Bericht des 'Mitteldeutschen Express‘ frühere Stasi-Offiziere Unterschlupf gefunden haben. Mitglieder von Spezialeinheiten sollen beim Kohl-Besuch beteiligt gewesen sein. Innenminister Braun (CDU) habe im letzten Herbst 78 MfS-Offiziere eingestellt. Ministeriums-Sprecher Frank Rim meinte, diese Polizisten seien noch nicht von der zuständigen Kommission der Staatskanzlei überprüft worden. „Wir machen keine Hexenjagd.“ dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen