piwik no script img

Raumschiff Erde

Berlin (dpa) — Während das technische „Wie“ der Weltraumfahrt weitgehend gelöst ist, wird die Frage nach dem „Warum“ immer wieder gestellt. Auch auf dem 7. Weltkongreß der Astronautenvereinigung ASE, der diese Woche in Berlin tagt.

„Raumfahrt erweitert das Wissen von der Erde, ist eine neue menschliche Erfahrung und bringt der Erde Nutzen.“ So beantwortete Mark Craig, Leiter der amerikanischen Nasa-Raumfahrtabteilung, die Frage. Schulen und Gesundheitswesen seien wichtig, räumte er ein, „aber erst die Raumfahrt läßt einen verstehen, daß die Erde nur ein Planet im Weltall ist“.

Wladimir Aksionow, Generaldirektor der staatlichen sowjetischen Weltraumgesellschaft „Planeta“, warnte, daß in 100 Jahren ein Punkt erreicht sein werde, an dem die Zerstörung der Erde nicht mehr umkehrbar sei.

Das Klima ändere sich, die Industrieproduktion verdopple sich alle acht bis zehn Jahre, und der Energiebedarf für alle Länder der Erde sei zehnmal größer als jetzt für die Industriestaaten. Erst wenn die Werte und die Prinzipien der globalen Entwicklung allgemein akzeptiert würden, könne eine qualitativ neue Politik gemacht werden.

Auch in der UdSSR nimmt die Kritik an der bemannten Raumfahrt zu, sagte Aksionow: „Wir müssen unser Programm umbauen, um der Kritik die Spitze zu nehmen.“ Der deutsche Astronaut Reinhard Furrer findet es unbefriedigend, daß die Wissenschaft ihre Programme rechtfertigen müsse, um an Geld zu kommen. „Die Öffentlichkeit fragt sofort: Was bekommen wir für die Erde zurück?“

Die Ausnutzung der Schwerelosigkeit für wissenschaftliche Experimente ist keine ausreichende Begründung für die bemannte Raumfahrt, erwiderte Reimar Lüst, früherer Generaldirektor der Europäischen Weltraumagentur ESA. Roboter würden durch künstliche Intelligenz immer vielseitiger und könnten immer mehr Aufgaben übernehmen. Es sei für ihn eine „offene Frage“, ob Menschen zum Mars und erneut zum Mond fliegen sollten.

„Noch steckt die Raumfahrt in den Kinderschuhen“, sagte Craig, „aber eine Mars-Mission wird das Teenage-Zeitalter einleiten.“ Die Flugdauer veranschauliche die neue Dimension: Ein Flug zum Mond und zurück dauere sechs Tage, ein Marsflug aber 600 Tage. Die UdSSR rüstet sich für vier unbemannte Mars- Missionen in den Jahren 1994, 1996 und 1998 sowie irgendwann im Jahre 2002 oder 2003, erläuterte die einzige Kosmonautin des Kongresses, Walentina Tereschkowa aus der UdSSR. Zuerst werde ein 250-Kilogramm-Satellit gestartet, der unter anderem einen „Penetrator“ auf den Mars abwerfen soll. Das Geschoß wird drei bis zehn Meter in die Oberfläche eindringen und Daten über Gestein und seismische Wellen liefern. Wissenschaftler versprechen sich unter anderem Aufschluß über die Herkunft der Marsmonde. Mars und Erde sind sich in ihrer frühen Entwicklung sehr ähnlich, sagte Craig. Eine Frage werde sein, ob es früher Leben auf dem Planeten gab.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen