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Zukunft der taz / -betr.: LeserInnenbriefe "Warum wendet sich die taz nicht an ihre LeserInnen?", taz vom 23.10.91

[...] 13 Jahre taz. Anfang in einer starken Bewegung. Klare, gemeinsame Ziele. Dann: Bröckeln des Protests auf der Straße — Einzug der Grünen in die Parlamente. Realos und Fundis. In Alternativszene und taz. Wege trennten sich. Innere Reibungsverluste wurden immer höher. Eure Auflage stagniert, obwohl Euer Journalismus mehr LeserInnen verdient hätte. Einheits(hunger?)lohn. (Ich verdiene 1.100 bis 1.200 DM mit Schicht und Wochenddienst in einer Einrichtung für geistig Behinderte.) Sanierungsvorschläge und Angst um Eure Unabhängigkeit und dann der große Knatsch — eine Zeitung, getrennte Weg. Erst einmal Danke, daß es Euch trotz alledem noch gibt.

Meine Frage geht an die LeserInnen: Wieviel ist ihnen eine unabhängige Zeitung wert? Daß ein oder mehrere Geldgeber die mit großenBeträgen einsteigen, Eure redaktionelle Unabhängigkeit beschneiden werden, ist eine Binsenweisheit. Wer anderes behauptet, ist IllusionistIn oder lügt.

[...] Mein Vorschlag: Schafft eine Möglichkeit, daß sich LeserInnen und SympathisantInnen an der taz beteiligen können. Bis zu einer finanziellen Obergrenze, die ausschließt, daß ein/e GeldgeberIn Eure redaktionelle Unabhängigkeit unter Rückzugsdrohung aushobeln kann (vielleicht 5.000 höchstens 10.000 DM, mehr auf keinen Fall). Vielleicht nach halbjährlicher oder jährlicher Kündigungsfrist des Anteils, zinsfrei (oder -arm). Nach Vereinbarung ohne Gewinnbeteiligung. [...] 50.000 Leute legen je 500 DM an=25.000.000 DM. Utopisch oder realistisch?

Manche LeserInnen werden's nicht können oder wollen. Andererseits könnte manch ein streitbarer Professor wohl mehr als 500 DM erübrigen. Über Einheitslohn oder nicht und interne Konzepte entscheidet selbst mit größtmöglichen Konsens.

Wenn Ihr eine Zeitung wie alle anderen seid, warum sollte Euch dann noch jemand lesen? Mit „ordentlichem“ Herausgeber und schön viel Anzeigen (Öko-Müll) — dann kann ich auch die 'Berliner Zeitung‘ lesen. Gibt es bei Euch noch Freunde der alternativen Tageszeitung? Dann überlegt und denkt an Alternativen. Meine Solidarität habt Ihr.

Um die Ernsthaftigkeit meines Anliegens zu unterstreichen, lege ich 100 DM bei. Solange Aussicht besteht, mich an der taz zu beteiligen, nehmt das Geld als zinsfrei geborgt. Ist ein ernsthaftes Konzept vorhanden, lege ich noch 500 DM dazu und würde mich dann mit einem knappen Monatslohn an der taz beteiligen. Sollte das alles nicht gehen, sind die 100 DM „geschenkt“ und ich recht traurig.

Konzepte für die Attraktivität und den Vertrieb der taz im Osten und das Halten/Wiederherstellen der Balance zwischen Realismus und Vision sind nötig. Wer nur Fahrradspuren plant und sonst nichts ändern will, macht sich lächerlich. Wer nur über neue, ökologisch und sozial gerechte Gesellschaft debattiert und nicht sieht, daß eine Fahrradspur benötigt wird, macht sich auch lächerlich. Beides gehört zusammen. Dafür die taz. [...] Markus Strobl, Berlin-Pankow

Wir danken für Idee und Geld. taz-LeserInnenbriefred.

betr.: Leserinnenbrief „Warum wendet sich die taz nicht an ihre LeserInnen?“, taz vom 23.10.91

Ich bin derselben Meinung wie Frau Quitzow-Fetscher und hoffe, daß die taz unabhängig bleibt und sich nicht in einen tragenden Bestandteil der Wirtschaftsdiktatur verwandelt. Ingo Mäder, Meiningen

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