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Ohne Latzhosen und Entenschuhe

■ Narturladen in Schwachhausen führt schicken Zwirn und flotte Treter

Otto Schily muß seine Hemden endlich nicht mehr bei Harrod's kaufen, weil nur dort in den Textilien drin ist, was auf den Etiketten auch draufsteht. Neuerdings könnte er auch nach Bremen kommen, um bei „Oikos“, dem Laden für „Reine Naturtextilien“, seine Garderobe aufzumotzen — ohne Angst vor allergieauslösenden Inhaltsstoffen.

Der Blick auf das Schildchen am Kragen gehört mittlerweile beim Einkauf dazu; immer weniger Menschen wollen eine Art Plastikpelle als zweite Haut überziehen. Über Rückstände und chemische Behandlungen sagt die Angabe „100% Baumwolle“ im Etikett aber nichts aus — der Gesetzgeber schreibt lediglich eine Deklaration textiler Inhaltsstoffe vor.

Wer würde schon ein Hemd mit folgender Kennzeichnung kaufen: 73% Baumwolle, 2% Polyacryl, 8% Farbstoffe, 14% Harnstoff-Formaldehydharz, 3% Weichmacher, 0,3% Optische Aufheller? Laut offizieller Kennzeichnung besteht dies Hemd - aus 100% Baumwolle, erklärt die Biologin Meike Ried in ihrem Buch „Chemie im Kleiderschrank“.

Besonders Naturfasern werden meistens kräftig chemisch ausgerüstet, damit sie pflegeleichter werden. 8.000 Textilhilfsmittel aus über 15.000 chemischen Substanzen sind katalogisiert — und werden benutzt, um Optik, Verarbeitungs- und Pflegeeigenschaften zu verbessern. Damit wird die Kleidung knitterfrei, nicht einlaufend, schmutzabweisend, waschmaschinenfest usw.

„Uns geht es nicht ausschließlich darum, ob hier und da Allergien ausgelöst werden“, sagt Peter Mayer-Hüsing von „Oikos“. „Die chemische Ausrüstung ist nicht der einzige kritische Punkt.“ Beispiel Baumwolle: Sie wird in riesigen Monokulturen angebaut - die Verwendung von Pestiziden und Herbiziden ist unumgänglich. Die Ernte erfolgt maschinell, was nur funktioniert, wenn das Feld vorher mit Entlaubungsgift besprüht wird. Vor allem in Anatolien und Süd-Griechenland gibt es jetzt Kooperativen, die Baumwolle biologisch- dynamisch anbauen und von Hand ernten. Die meisten Natur- Kleidungshersteller verarbeiten diese „Öko-Baumwolle“.

Mit klaren Richtlinien für Naturtextilien hapert es zur Zeit noch. Im September hat sich der „Bundesverband Naturtextilien“ gegründet, der einen Katalog für Qualitätskriterien herausgeben will; mittelfristiges Ziel ist ein Gütesiegel. Zur Zeit ist es noch „in gewisser Weise Sache des Vertrauens“, sich darauf zu verlassen, daß die Wäsche und Strümpfe und Blusen und Jacken im Naturtextil-Laden wirklich „Natur“ sind, so Meyer-Hüsing.

„Oikos“ will endlich mit dem Vorurteil aufräumen, gesunde Bekleidung müsse grundsätzlich unmöglich aussehen. Naturschuhe zum Beispiel müssen nicht Entenfüße machende Ökolatschen sein. „Oikos“ führt nach der italienischen Linie gehende Modeschuhe. Gute Lederschuhe mit gesundem Fußbett sind auch in normalen Läden zu haben, das Problem liegt bei der Gerbung: Die etwa einen Tag dauernde Chrom-Gerbung ist ungeheuer wasserbelastend. Naturschuhe werden pflanzlich gefärbt; dieser Prozeß dauert allerdings Wochen.

Meyer-Hüsing ist eigentlich Religionswissenschaftler, privat der Esoterik zugeneigt. Ob es aber einen Zusammmenhang zwischen Esoterik und Naturtextilien gibt, dazu läßt er sich nicht viel entlocken. Nur soviel: „Wer mit geistigen Dingen bewußt umgeht, geht vielleicht auch mit profanen Dingen bewußter um...“ Susanne Kaiser

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